Zahnlose Neuregelung?

Hass im Netz: Zahl der Anklagen ernüchternd

Politik
10.08.2022 10:20

Vor mehr als einem Jahr hat die Bundesregierung in einer großen Gesetzesänderung die Regeln gegen Hass im Netz verschärft. Doch ein Blick auf die dadurch entstandenen Verfahren bringt Ernüchterung - im Vergleich zum Jahr davor gab es keinerlei Veränderung bei den Anklagen. Die Ministerin sieht dennoch keinen Handlungsbedarf, die Regelungen weiter zu verschärfen.

Durch die dramatische Verfolgung der kürzlich verstorbenen Ärztin Lisa Maria Kellermayr konnte man in den sozialen Medien fast in Echtzeit nicht nur verfolgen, wie massiv sich der digitale Hass auf Betroffene auswirkt, sondern auch, wie schutzlos sich viele fühlen. 

Via Twitter berichteten etwa zahlreiche Betroffene von mühseligen Versuchen, derlei Fälle bei den Behörden anzuzeigen - oft fühlten sie sich dabei jedoch nicht ernst genommen und zeigten sich ob der mangelnden Konsequenzen resigniert. 

Kein Anstieg bei Anklagen
Ein Blick auf die Statistik bekräftigt dieses Bild: Obwohl die Straftatbestände im Vorjahr erweitert, beziehungsweise ergänzt worden sind, scheint man vom Ziel, das Internet für alle sicherer zu machen, noch weit entfernt. Wie das Ö1-„Morgenjournal“ am Mittwoch berichtete, kam es im vergangenen Jahr in dem Bereich zu 56 Anklagen - und damit zu exakt gleich vielen wie im Jahr vor der Reform. 

Kaum Anträge zur Ausforschung der Täter
Ähnlich sieht es im Fall der Verhetzung aus - hierbei ist nun auch Hetze gegen einzelne Personen, etwa aufgrund ihrer Religion oder einer Behinderung strafbar. Mit 92 Anklagen gab es nur um acht mehr als im Jahr 2020. 22 Anklagen gab es wegen sogenanntem Upskirting (also heimlichen Fotos oder Videos unter den Rock oder in den Ausschnitt) und nur  65 Personen haben beauftragt, anonyme Personen im Internet ausforschen zu lassen - im Vergleich zu den vielen Vorfällen eine verschwindend geringe Zahl.

Zadic: Gesetze reichen aus
Wird also zu wenig gegen den ausschweifenden Hass getan? Die zuständige Ministerin wiegelt ab: Die Gesetze würden bereits ausreichen, betonte Alma Zadic (Grüne) am Dienstag in der ORF-„ZiB 2”. Sie sieht das Problem vielmehr in den Plattformen wie Telegram oder Twitter, die sich „schon gar nicht an österreichische Regeln” halten würden. Man müsse sich nun als Bundesregierung überlegen, wie man diese zur Verantwortung ziehen kann, so Zadic. 

Kostenlose Prozessbegleitung kaum genutzt
Sie machte dabei auch gleich auf die vom Ministerium zur Verfügung gestellte Prozessbegleitung aufmerksam, die einen finanziellen Schaden von Betroffenen abfedern soll. Obwohl für diese pro Jahr drei Millionen Euro budgetiert sind, haben bislang erst 16 Personen diese Möglichkeit in Anspruch genommen - gekostet hat das bislang lediglich 11.500 Euro. Ein Indiz dafür, dass diese Unterstützung noch viel besser kommuniziert werden muss.

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