krone.at-Kolumne

Soll Selenskyj auch bei uns sprechen?

Kolumnen
23.03.2022 11:55

Der ukrainische Präsident durfte zwar schon unter anderem vor dem Europaparlament, dem Deutschen Bundestag und der israelischen Knesset sprechen, für das österreichische Parlament reicht es allerdings nicht. Seine Rede scheitert am falschen Neutralitätsbegriff von SPÖ und FPÖ. Das ist vor allem für Erstere peinlich. 

Denn dass ausgerechnet die SPÖ als stolze Traditionspartei auf den Zug der Haltungslosigkeit aufspringt, ist besonders enttäuschend. Nach dem Motto „Nur nicht anecken“ möchte sie zuvor eine „Diskussion“ darüber führen, ob man denn zum Telefonhörer greifen und Wolodymyr Selenskyj fragen soll, ob er nicht auch bei uns eine Rede halten möchte. Ein Arbeitskreis zur Klärung einer simplen Einladung? Zaudernder geht es wohl nicht mehr!

Neutralität als billiges Feigenblatt
Auch ihr Verweis auf unsere Neutralität lässt einen nur müde lächeln. Wenn die SPÖ nämlich im Vorfeld bruststark poltert, dass der „Völkerrechtsbruch Russlands“ zu „verurteilen“ ist und „Österreich mehr Verantwortung“ übernehmen muss, aber bei einer konkreten Handlung wie einer Redeeinladung dann doch ganz schnell den Schwanz einzieht, nährt das den Verdacht, dass unsere Neutralität ohnehin nur als billiges Feigenblatt dient. Da ist es zwecks Gesichtswahrung besser, ganz zu schweigen.

Wir dürfen Selenskyj einladen
Neutralität bedeutet nämlich nicht Haltungslosigkeit. Natürlich schließt unsere Bundesverfassung nicht aus, zu dem aktuellen Weltgeschehen Stellung zu beziehen oder sich eine Rede des ukrainischen Präsidenten anzuhören. Schließlich hat auch keiner aufgejault, als der russische Präsident Wladimir Putin als Ehrengast bei der Hochzeit einer Außenministerin geladen war. Vom wenig neutralen Knicks ganz zu schweigen.

EU-Eingreiftruppe JA, Rede von Selenskyj NEIN
Was nämlich oft missverstanden wird: Unsere Neutralität bedeutet, dass wir uns militärisch nicht einmengen dürfen. Und selbst das wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Der Vorstoß, dass wir uns in Zukunft an einer europäischen Eingreiftruppe beteiligen werden, sollte dementsprechend eigentlich mehr Diskussionsstoff bieten als die Einladung zu einer Videorede. Aber damit haben die Sozialdemokraten absurderweise kein Problem. Das muss man nicht verstehen.

Stehen wir auf der richtigen Seite!
Wolodymyr Selenskyj in unserem Parlament sprechen zu lassen, wäre ein effizientes und wichtiges Zeichen der Solidarität und des Mitgefühls. Den unnötig Getöteten gegenüber, den unbeteiligten Zivilisten gegenüber und gegenüber jenen, denen dieser Krieg die Heimat nimmt. Wir sollten hier auf der richtigen Seite stehen. Das sei auch der SPÖ ins Stammbuch geschrieben.

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