Pommers Feierabend

Lange Tische und kurze Leitungen

Pommer am Abend
02.03.2022 15:20

Einen schönen Mittwochabend.

Auf der nach oben offenen Putin-Skala dürfen wir uns über unsere Politiker freilich nicht beschweren. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an, niemand in der österreichischen Innenpolitik hat so einen Tisch in seinem Büro stehen wie der russische Despot (auch wenn es bei Herbert Kickl so aussieht, in Wahrheit ist es handelsübliche Büromöblierung). Sechs Meter lang, fast drei Meter breit ist die Tafel Putins, an deren Ende seine Gäste Platz nehmen müssen. Wie man da abhörsicher Kontakt hält, ist mir ein Rätsel, vielleicht über Brieftauben oder Rauchzeichen, jedenfalls ist mir hierzulande kein solcher Einrichtungsgegenstand bekannt - was vermutlich daran liegt, dass unsere Politiker die Wähler dann nicht mehr so leicht über den Tisch ziehen könnten. 100.000 Euro kostet Putins Tafel übrigens. Das ist in etwa die Summe, die Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel als Aufsichtsrat des russischen Mineralölgiganten Lukoil pro Jahr erhält. Nur um zu verstehen, wie vergleichsweise billig sich manche hergeben: Für Putin ist ein österreichischer Ex-Kanzler also genauso viel wert wie ein Phallussymbol. Ein Umstand, der Schüssel noch kleiner macht.

Trotzdem sind unsere Politiker immer für eine Überraschung gut. Da hätten wir zum Beispiel Außenminister Alexander Schallenberg, unseren ehemaligen Bundeskanzler. Wobei, die letzte Erwähnung hätte ich mir sparen können, wer war das noch nicht? Im Standard habe ich folgendes Zitat von ihm gelesen: „Die Europäer waren vom Frieden verwöhnt.“ Mit Putin sei der Urlaub vorbei, sagte er, man sei in harten realpolitischen Zeiten aufgewacht. Heißt für mich: Urlaub ist Frieden, Alltag ist Krieg. Urlaubsbomber war gestern, jetzt nur noch Bomber. Erinnern Sie sich noch, als Schallenberg eine Atombombe mitten in Wien explodieren ließ? Also nicht wirklich, das wäre selbst in jener Stadt aufgefallen, in der laut Sebastian Kurz alle ewig schlafen, der Matzleinsdorfer Platz sieht zudem immer so aus, sondern Wien zerfiel nur in einer Simulation. Atompilz über der Stadt, gigantischer Feuerball, Druckwelle bis Hütteldorf, Aschewolke bis Graz, 230.000 Tote. Alltagstrott eben.

Und wir hätten da noch Wirtschaftsministerin und Kaufhaus-Österreich-Filialleiterin Margarete Schramböck, die es Maschek auch nicht leichter macht, wenn das Original skurriler ist als die Parodie. Bei einer Pressekonferenz, bei der die Russland-Sanktionen angesprochen wurden, hatte sie offenbar keinen Dunst, was SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) tatsächlich ist. Ihre Theorie: Erlagscheine sind von Swift ausgenommen. Das war taktisch natürlich unklug, denn jetzt weiß Putin, was zu tun ist. Ich sehe ihn richtig vor mir, wie er sich die Pressekonferenz von Schramböck an seinem langen Tisch im Fernsehen ansieht, transkribiert von seinen Brieftauben, und 145 Millionen Erlagscheine über Russland abwerfen lässt. Jetzt bleibt nur noch eine Maßnahme übrig: Russland zwingen, die Bank-Austria-App für Transaktionen zu benutzen. Dann geht das Putin-Land wirklich pleite.

Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.

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