Bronze-Pferdchen

Archäologen finden “König Hakons Messinghengst”

Wissenschaft
11.05.2011 17:02
Eine Ausgrabung in der deutschen Hansestadt Stralsund hat sich mit Funden aus dem Mittelalter als wahre Schatzgrube für Archäologen erwiesen. Die Fachleute stießen in den vergangenen vier Jahren auf mehrere Tausend, wenn nicht sogar Zehntausend Funde, wie Detlef Jantzen vom Landesamt für Kultur und Denkmalpflege am Mittwoch zum Abschluss der 800.000 Euro teuren Arbeiten sagte. Zu den bedeutendsten Funden gehört ein bronzenes, auch als "König Hakons Messinghengst" bezeichnetes Pferdchen, das einst als Gewichtsmarke in Skandinavien genutzt wurde.

Das 43 Gramm schwere Pferd, das in einer Fäkaliengrube aus den Jahren 1270 bis 1280 entdeckt wurde, sei der erste Fund eines solchen Gewichtes an der deutschen Ostseeküste, erklärte Grabungsleiter Jörg Ansorge. Es stehe sicher mit dem intensiven Handel der Stadt mit Norwegen in Verbindung. Die in Nordeuropa gebräuchlichen Gewichtsmarken wurden später nach Norwegens König Hakon (1270-1319) benannt, irrtümlicherweise wurde das Material zunächst als Messing identifiziert.

Die im Zusammenhang mit dem Bau eines Einkaufszentrums durchgeführte Grabung eröffnet den Archäologen einen detaillierten Blick in die Geschichte der Stadt, die nach Lübeck Deutschlands wichtigstes Hanse-Zentrum an der Ostsee war. Tausende Gefäße aus Keramik und Holz holten die Archäologen aus bis zu sechs Metern Tiefe. Als besonders ergiebig erwiesen sich die 49 Holz- und 19 Ziegelschächte auf dem 5.000 Quadratmeter großen Terrain - einst Latrinenschächte oder Abfallgruben.

Papstbulle von Innozenz III. gefunden
Ältester Fund ist eine Papstbulle von Papst Innozenz III., der von 1198 bis 1216 Oberhaupt der Kirche war. Wie dieses Siegel, das älter als die für das Jahr 1234 bekundete Stadtgründung ist und einst eine heute nicht mehr erhaltene Urkunde schmückte, nach Stralsund kam, gibt den Archäologen heute Rätsel auf. Möglicherweise stammt das Siegel vom Rügenschen Fürstengeschlecht, das auch über Stralsund herrschte, wie Ansorge sagte. Es sei aber auch denkbar, dass ein Kleriker das Siegel deutlich später nach Stralsund brachte.

Stralsund war reich, Umschlagplatz teurer Waren und Treffpunkt weit gereister Kaufleute - die Erkenntnis ist nicht neu, aber nun durch neue Funde plastisch belegt. So stießen die Ausgräber auf mehrere Siegel von Kaufleuten, die nicht aus Stralsund stammten, aber in der Küstenstadt starben. Ein Siegel - vermutlich aus dem späten 13. Jahrhundert - konnte dem Dortmunder Kaufmannsgeschlecht Arest zugeordnet werden, das auch Schiffe in die Ostsee führte. "Die Funde spiegeln den materiellen Reichtum der früheren Bewohner wieder und zeugen von den weitreichenden Handelsbeziehungen", sagte Jantzen.

Objekte durch Fliegerabsturz gut erhalten
Angesichts der Fülle der Objekte sind abschließende Ergebnisse nach Einschätzung der Archäologen erst in Jahren möglich. Dass die archäologischen Funde mitten im Zentrum der Stadt so gut erhalten sind, ist einem tragischen Umstand geschuldet. Im Jahr 1944 stürzte ein amerikanischer Bomber auf das Quartier und zerstörte es fast vollständig. Danach wurde die Fläche nicht wieder bebaut, sondern bis 2007 als innerstädtische Grünfläche genutzt.

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