Mediziner verurteilt

Herz-Patient zum Zahnarzt geschickt: Mann starb

Steiermark
01.02.2022 15:01

Ein Herzchirurg ist am Dienstag in Graz wegen fahrlässiger Tötung im Grazer Straflandesgericht zu einer Geldstrafe in der Höhe von 21.600 Euro verurteilt worden. Er hatte im Jänner 2019 einen Patienten vor einer Herzoperation aus dem Spital entlassen. Der 70-Jährige solle sich zuvor noch einen Zahn ziehen lassen, befand der Arzt. Vier Tage später war der Mann tot. Der Angeklagte fühlte sich nicht schuldig.

Der Patient war mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Grazer LKH eingeliefert worden. Auf der Intensivstation war er nur ein paar Stunden, dann wurde er auf der Normalstation behandelt. Der Oberarzt entschied, dass vor der Herzklappenoperation der vereiterte Backenzahn entfernt werden müsse. Dazu entließ er den Patienten, damit dieser einen Zahnarzt aufsuchen könne. Doch der 70-Jährige starb vier Tage nach seiner Entlassung aus dem Spital - noch vor der Zahnbehandlung.

„Stand keine Not-OP an“
Die Staatsanwältin sprach von einer „fatalen Fehlentscheidung“, der angeklagte Arzt fühlte sich nicht schuldig. Er betonte, der Mann „stand nicht zu einer Not-OP an“. Durch die Zahnbehandlung sollten „postoperative Komplikationen“ verhindert werden. „Dem Patienten war bewusst, dass der Zahn möglichst zeitnah gezogen werden musste“, war der Beschuldigte überzeugt.

Der 70-Jährige wollte aber offenbar lieber eine Wurzelbehandlung statt einer Extraktion, dafür bekam er aber nicht sofort einen Termin. „Er wurde mit dem Auftrag entlassen, den Zahn behandeln zu lassen und dann sofort wiederzukommen, das Bett wäre bereitgestanden“, betonte der Angeklagte. Er hatte für die Zahnbehandlung ein Zeitfenster von 14 Tagen vorgesehen: „Es gab keine Risikofaktoren, dass er in dieser Zeit eine Zahnextraktion nicht überstehen würde“, war der Arzt überzeugt.

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Es gab keine Risikofaktoren, dass er in dieser Zeit eine Zahnextraktion nicht überstehen würde.

Beschuldigter Arzt

Zahnklinik-Überweisung „nicht Usus“
„Warum haben Sie nicht auf der Zahnklinik angerufen?“, wollte Richterin Julia Riffel wissen. Dann hätte der Patient das Spital gar nicht verlassen müssen, sondern wäre gleich behandelt worden. „Das ist nicht Usus“, antwortete der Beschuldigte. Die Zahnklinik sei überlaufen, da hätte der Mann noch länger auf einen Termin warten müssen.

Den medizinischen Sachverständigen interessierte, wieso die Werte nicht engmaschiger überprüft wurden. „Das kann ich nicht sagen“, antwortete der Arzt. Die Werte seien zwar hoch gewesen, so der Befragte, aber der Allgemeinzustand des Patienten habe sich deutlich gebessert. „Wir sind keine Labortherapeuten, wir müssen auch den Patienten anschauen“, rechtfertigte er sich.

Kollegin im Zeugenstand
Eine Oberärztin, die als Zeugin geladen war, gab zur angeordneten Zahnbehandlung an: „Bei Klappeneingriffen ist es wichtig, dass mögliche Infektionsherde ausgeschaltet werden.“

Der Arzt wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 21.600 Euro verurteilt, berichtete die APA am Dienstag. Der Familie muss er ein Trauerschmerzensgeld von 1000 Euro zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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