Captagon-Prozess

Dolmetscher-Wirrwarr zieht Prozess in die Länge

Salzburg
15.12.2021 20:00
200.000 Telefonate in arabischer Sprache – übersetzt von einer Dolmetscherin, die wegen einer Liaison mit einem irakischen Kronzeugen längst vom Prozess abgezogen worden ist. Nun müssen wohl Tausende Überwachungsprotokolle neu übersetzt werden. Der große Drogen-Prozess dauert wohl länger als geplant.

Kurzzeitig wurde es hektisch im großen Verhandlungssaal des Landesgerichts. Einer der 14 Angeklagten bekam einen Schwächeanfall. Sanitäter kümmerten sich um den Mann, seine Einvernahme musste zunächst ausfallen. Zusammen mit drei weiteren Beschuldigten sagte er dann doch aus aus – Neues erfuhr das Gericht am Mittwoch dabei nicht wirklich.

Die 14 Angeklagten – fast alle mit libanesischen und arabischen Wurzeln – bestreiten großteils die Vorwürfe oder verweigerten im Vorverfahren die Aussage. Die Anklage hat es in sich: Wie berichtet, sollen alle Angeklagten Teil einer „höchst professionellen Suchtgift-Gruppe“ sein. 13,8 Millionen Captagon-Tabletten – auch bekannt als Dschihadisten-Droge – soll die Bande aus dem Libanon via Schiffsweg nach Belgien und per Lkw nach Österreich geschmuggelt haben. Versteckt in 408 Plastikrollen zu je 34.000 Tabletten. Der Vertrieb lief laut Anklage über eine Pizzeria in Bürmoos. Hier sollen die Täter die Drogen in Pizzaöfen und Wäschetrocknern versteckt haben. Danach kamen die Pillen nach Saudi-Arabien. Kopf der Bande soll ein Mann sein, der sich versteckt in der Türke aufhält.

Die Ermittlungen dauerten mehrere Jahre. Der Mega-Prozess könnte sich nun ebenfalls noch weit länger hinziehen als geplant. Denn rund um die Dolmetscherin, die für die Polizei Tausende Telefonate zwischen den Angeklagten übersetzte, gibt es weiter Aufregung: Die Frau führte eine Liebesbeziehung mit dem Kronzeugen aus dem Irak, auf dessen Aussagen sich große Teile der Anklage stützen. Sie hielt die Liaison geheim, flog deshalb aus dem Prozess. Alle Anwälte beantragten nun die Neuübersetzung sämtlicher Telefon-Überwachungsprotokolle. Es geht um knapp 200.000 Telefonate.

Nikolaus Klinger

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