Vierter „Ort des Gedenkens“ in Salzburg: Saalfelden erinnert sich an den Lokführer und Widerstandskämpfer Karl Reinthaler
Sobald man eine der Hör-Stationen der Künstler Rosa Andraschek und Simon Nagy betritt, erklingt Karl Reinthalers Stimme. Es sind eindringliche Worte für die Nachwelt. Der Lokführer erzählt von seiner Verhaftung, 1942 im Heizhaus. „Der Winter war schneereich. Sie haben mich aufgefordert, den kürzesten Weg zu gehen.“ Gemeint sind zwei Gestapo-Leute, die sich mit ihm an der Urslau-Promenade entlang durch Schnee kämpften.
Der spätere Stadtchef von Saalfelden erzählt über Widerstand, über Verrat und seine Verhaftung. Am Samstag eröffnete die Arbeitsgemeinschaft „Orte des Gedenkens“ den bereits vierten Ort in Salzburg. Politik, Historiker und auch seine Familie waren gekommen. Die Eisenbahnermusik umrahmte den Moment der Erinnerung.
Verhaftung, Zuchthaus, Überlebenskampf
Reinthaler war als Lokführer viel unterwegs. „Es war dem fahrenden Personal möglich, in der Schweiz Zeitungen zu kaufen. Wir haben bis zu meiner Verhaftung die Basler Nationalzeitung zu lesen bekommen. Man hat aufpassen müssen, weil es strengstens verboten war“, erzählte er später. Er wurde von der Gestapo verhaftet, nachdem er für die Rote Hilfe spendete und ihn die Wirtin des Bahnhofsrestaurants angezeigt hatte. Ihr war aufgefallen, dass Reinthaler bei Propaganda im Radio immer aufhörte zu essen. „Ich habe diese verlogene Propaganda einfach nicht anhören können. Auch bei Führer-Reden habe ich gelegentlich nicht ergriffen zugehört, während bei allen anderen die Augen geleuchtet haben“, erzählte er später in einem Interview.
Er galt als politischer Gegner des Systems, landete im Zuchthaus und kämpfte dort ums Überleben. Nur ein Beispiel für die menschenunwürdigen Verhältnisse: Am Schweinetrog gab es besseres Essen als für die Gefangenen. Am Ende seiner Kräfte wurde er schließlich von alliierten Truppen befreit.
Er ging auch an Schulen und brach das Schweigen
Karl Reinthaler (2000 verstorben) wurde zweifacher Vater und mehrfacher Opa. Er wollte sich nach dem Krieg für die Allgemeinheit engagieren, zog in den Landtag ein, wurde in den 70er-Jahren Bürgermeister, brach schließlich öffentlich das Schweigen und sprach auch in Schulen.
Bei der feierlichen Eröffnung am Samstag kamen rund 80 Zuhörer und historisch Interessierte. Sie alle – von jung bis älter – teilen den tiefen Respekt davor, dass Reinthaler in dem autoritären Regime immer seinen Idealen treu blieb.
Im Rahmen des Gedenkprojektes werden sich in den nächsten Monaten auch Schüler engagieren und Opfer-Biografien aufarbeiten. Zum Abschluss sollen erste Stolpersteine im Ort verlegt werden.
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