Jetzt wird es unter den politischen Beobachtern beinahe zur Glaubensfrage: Stehen bald Neuwahlen ins Haus - oder nicht? Die einen sind felsenfest davon überzeugt, dass keine Partei Interesse haben könnte an Nationalratswahlen im nächsten Jahr. Vor allem nicht Türkis-Schwarze und Grüne, die ja mit ihrer Mehrheit Neuwahlen abblocken können. Beide Koalitionsparteien, so die Argumentation, hätten dabei nichts zu gewinnen. Das freilich stimmt nur bedingt. Denn während die ÖVP, wie es aktuell aussieht, mindestens ein Drittel ihrer Wähler von 2019 verlieren würde, halten sich die Grünen in Umfragen nicht so schlecht wie Junior-Koalitionspartner üblicherweise. Die FPÖ tritt ohnehin vehement für einen möglichst schnellen Wahlgang ein, die Neos schließen sich an, die Stimmung in der SPÖ dreht sich auch immer deutlicher in diese Richtung. Wobei dort bekanntlich der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig den Ton angibt: Und er sprach gestern neuerlich davon, dass man sich jetzt mit aller Kraft der Pandemiebewältigung widmen müsse und sich nicht mit Neuwahlen beschäftigen könne. Heraushören darf man: Aber danach ist alles möglich.
Politische Köpfe. „Ein Minister muss kein Fachmann sein, sondern ein eminent politischer Kopf“: Ein legendärer Spruch Bruno Kreiskys, des verehrten und verklärten Bundeskanzlers, der damit vor gut 40 Jahren die Nominierung des Gesundheitsministers, eines vormaligen Gebietskrankenkassenbeamten, zum Nachfolger des legendären Finanzministers Hannes Androsch rechtfertigte. Damals begann man, sogenannte Quereinsteiger in die Politik zu holen. Die wenigsten übrigens bewährten sich - weder in den Achtzigern, noch heute. Man denkt an den grünen Gesundheitsminister, der unbeleckt von jeder politischen Erfahrung diese Herkulesaufgabe in der Pandemie übernahm und jetzt, acht Monate später, in der Politik noch immer fremdelt. Noch gefährlicher, wenn auch noch ein Diplomat mit einiger außenpolitischer, aber fast null innenpolitischer Erfahrung Kanzler spielen muss. Dem folgt nun immerhin ein Vollblutpolitiker. Der von einem Landeshauptmann als einer „mit langjähriger Regierungserfahrung“ gepriesen wurde. Dabei sitzt Karl Nehammer seit gerade einmal 23 Monaten in der Regierung... Neben ihm ab morgen ein neuer Bildungsminister ohne politische Erfahrung. Neuer Finanzminister wird der Präsident des Tennisverbandes (und bisherige Staatssekretär ohne Wahrnehmung). Bleibt die Hoffnung, dass alle „eminent politische Köpfe“ sind.
Einen schönen Sonntag!
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