Nach einem Betäubungscocktail in Bregenz startete eine Studentin Aufrufe in sozialen Medien: Zehn Frauen haben sich schon gemeldet.
Absturz, Filmriss, Krampfanfall und dauerhaftes Erbrechen - so beschreibt eine junge Vorarlbergerin das Ende der rauschenden Nacht des Maturaballs der HLW-Rankweil im Festspielhaus Bregenz Anfang des Monats. Bald war klar: Jemand hatte ihr K.-o.-Tropfen ins Getränk gemischt. Die Auswirkungen waren verheerend. Mithilfe von sozialen Medien suchte Emily B., die selbst ehemalige Absolventin der Schule ist und nunmehr in Innsbruck Jus studiert, nach möglichen weiteren Opfern mit dem Ziel, diese abscheulichen Taten ans Licht zu bringen und Aufklärungsarbeit zu betreiben.
Es muss dafür gesorgt werden, dass künftig mehr Aufklärungsarbeit geleistet wird und auf künftigen Schulveranstaltungen mehr kontrolliert wird.
Jus-Studentin Emily B.
Auf keinen Fall sollte der Vorfall unter den Tisch gekehrt werden. Die Geschäftsführung des Festspielhauses zeigte sich bestürzt und kündigte Emily ihre volle Unterstützung an. Wer etwas Seltsames bemerkt, soll sofort Alarm schlagen, nur so könne man schnell reagieren. Dies gilt natürlich nicht nur für Veranstaltungen im Festspielhaus. In der Zwischenzeit wurden zehn Fälle von jungen Frauen bekannt, die ebenfalls beim Maturaball K.-o.-Tropfen verabreicht bekamen.
Aufregung um Übergriffe auf Maturareisen
Das Problem ist bekannt. So sorgten im Sommer Übergriffe und K.-o.-Tropfen bei Maturareisen in Kroatien für Aufregung. Eine Maturantin verbrachte die Nacht im WC und verpasste dadurch ihre Rückfahrt nach Österreich. Wie Emily hatte auch sie einen Filmriss und ist überzeugt, dass ihr jemand ein Betäubungsmittel ins Glas geschüttet hat. Nach den Vorwürfen hat der Veranstalter sein Sicherheitskonzept neu überarbeitet. Wie in vielen Fällen verabsäumen die Opfer, bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Dies ist immer wichtig, da es ja noch weitere Betroffene geben kann.
Im Vorjahr wurden laut Innenministerium 36 Raubdelikte und 68 Vergewaltigungen sowie zwei geschlechtliche Nötigungen angezeigt, bei denen Betäubungsmittel im Spiel waren. Die Dunkelziffer dürfte höher sein.
Im Verdachtsfall sofort Alarm schlagen
Wichtig ist zu wissen, selbst bei freiwilliger Einnahme der verbotenen Substanzen machen sich die Gewalttäter strafbar.
Diese Mittel sind maximal sechs bis zwölf Stunden im Urin und im Blut nachweisbar. Für eine strafrechtliche Verfolgung des Täters ist daher rasches Handeln unbedingt erforderlich. Am besten gleich ins Krankenhaus und das Personal über den Verdacht informieren.
Um solche Situationen zu vermeiden, ist es wichtig, seine Getränke immer im Auge zu behalten bzw. mit Freundinnen zu vereinbaren, gegenseitig darauf aufzupassen. Im Verdachtsfall empfiehlt es sich, das Personal zu informieren oder Rettung und Polizei zu alarmieren.
Interview: „Opfer verlieren oft Vertrauen“
Daniela Krammer, Psychologin in Wiener Neustadt (NÖ), klärt im „Krone“-Interview über die psychologischen Folgen auf, die Opfer erleiden.
„Krone“: Mit welchen Ängsten kämpfen Opfer von K.-o.-Tropfen?
Daniela Krammer: Mit so einem Mittel betäubt zu werden bedeutet, sowohl die Kontrolle über den eigenen Körper als auch über die Situation zu verlieren.Im schlimmsten Fall wird das Vertrauen in sich selbst, die Gesellschaft und die Umgebung grundlegend erschüttert bzw. zerstört. In welcher Form sich Ängste nach einem solchen Erlebnis äußern, hängt stark von den bisherigen Lebenserfahrungen und von der Unterstützung ab, auf die eine Person zurückgreifen kann.
Kommt man ohne professionelle Hilfe zurecht?
Es ist abhängig davon, über welche Be- und Verarbeitungsstrategien jemand verfügt. Ebenso ist ausschlaggebend, ob es Personen gibt, die bei der Verarbeitung unterstützen können und somit helfen, verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen. Genauso bedeutend ist ein als sicher empfundener Ort, an den man immer wieder zurückkehren kann. Professionelle Hilfe ist in jedem Fall notwendig, wenn es nicht gelingt, wieder zu den gewohnten Routinen zurückzukehren, bzw. das Alltagsleben durch Ängste und Vertrauensverlust beeinträchtigt ist.
Welche Unterstützung brauchen Opfer von Angehörigen und Freunden?
Nicht Mitleid ist hilfreich, sondern Mitgefühl. Es hilft, die eigenen Gefühle zu ordnen und wieder Sicherheit zu erlangen. Auch Geduld ist gefragt, da die Verarbeitung solcher Erlebnisse Zeit braucht und es sein kann, dass Ängste immer wieder in verschiedenen Situationen neu angestoßen werden.
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