34. Auslandsreise

Papst Franziskus traf Viktor Orban in Ungarn

Ausland
12.09.2021 14:55

Papst Franziskus ist am Sonntag bei seinem Besuch in Ungarn mit Ministerpräsident Viktor Orban zusammengekommen. Das etwa 40-minütige Treffen in der Hauptstadt Budapest fand hinter verschlossenen Türen statt. Orban ließ anschließend auf Facebook ein Foto veröffentlichen. Der Termin war mit Spannung erwartet worden, weil der Papst und der konservative Regierungschef gerade beim Thema Migration gegensätzliche Positionen vertreten.

Lange vor Beginn der 34. Auslandsreise des 84-jährigen Papstes hatte sich angedeutet, dass es keine ganz einfache Visite werden würde. Die Misstöne waren unüberhörbar und wurden vom Papst selbst verstärkt. Sein Auftritt in Budapest sei „kein Ungarn-Besuch“, betonte er in ungewohnter Manier. So als wolle er sich im Land der rechtsnationalen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban nicht länger als nötig aufhalten. Die zügige Weiterreise in die Slowakei, wo er gleich mehrere Tage verbringen wird, bestätigen diesen Eindruck.

Das mit Spannung erwartete Begrüßungstreffen mit dem Calvinisten Orban und dem katholischen Staatspräsidenten Ader absolvierte Franziskus mit auffällig großzügigem Sicherheitsabstand. Bei der Unterredung saß der Papst auf einem schmucklosen Holzstuhl inmitten des Museums der Schönen Künste. Flankiert wurde er von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und dem päpstlichen Außenbeauftragten Erzbischof Paul Richard Gallagher. Die ungarische Führung saß meterweit entfernt. Nach „herzlicher Atmosphäre“, wie der Vatikan die Szenerie im Nachgang beschrieb, sah das nicht aus.

Eine Erklärung dürfte die Flüchtlingspolitik der regierenden Fidesz-Partei sein, die so gar nicht dem „geschwisterlichen“ Gesellschaftsbild des Papstes entspricht. Migranten aus muslimischen Ländern sollen nach ihrem Willen möglichst fernbleiben. Der Vatikan indes mahnt die EU-Staaten immer wieder zu Aufnahme und Unterstützung.

„Habe Papst Franziskus gebeten, das christliche Ungarn nicht untergehen zu lassen“
Orban veröffentlichte zu der Begegnung mit dem obersten Repräsentanten der katholischen Kirche nur einen einzigen Satz. „Ich habe Papst Franziskus gebeten, das christliche Ungarn nicht untergehen zu lassen“, schrieb er auf Facebook und schenkte dem Papst das Faksimile eines Briefes von König Bela IV., der Papst Innozenz IV. vor einer Tartaren-Invasion warnte. Auch das wirkte nicht gerade herzlich.

Orban interpretiert die viel zitierten christlichen Werte offensichtlich anders als der Bischof von Rom. Pikanterweise befürworten große Teile des ungarischen Klerus den dezidiert konservativen Fidesz-Kurs - vor allem das propagierte klassische Familienbild kommt in kirchennahen Kreisen gut an. Selbst Orbans unverhohlene Ablehnung muslimischer Einwanderer stößt nicht selten auf Verständnis. Obwohl dies in eklatanter Weise der von Rom vorgegebenen Linie widerspricht.

Öffnung, Dialog und Mut zur Veränderung Gebot der Stunde
Franziskus sprach das Problem in einer Rede vor den ungarischen Bischöfen direkt an. Öffnung, Dialog und mehr Mut zur Veränderung seien das Gebot der Stunde, mahnte er die Geistlichen. Angesichts kultureller, ethnischer, politischer und religiöser Unterschiede gebe es zwei Haltungen: „Entweder verschließen wir uns in einer starren Verteidigung unserer sogenannten Identität, oder wir öffnen uns für die Begegnung mit dem Anderen und kultivieren gemeinsam den Traum einer geschwisterlichen Gesellschaft.“

Franziskus verurteilt Antisemitismus
Und es kam noch mehr Kritik hinzu. Bei einem Gespräch mit jüdischen Vertretern - ebenfalls im Museum der Schönen Künste - rief der Papst zum Kampf gegen Antisemitismus auf, der „immer noch in Europa schwelt“. Ungarn nannte er in diesem Zusammenhang nicht explizit, aber Gegner des Orban-Lagers werfen diesem immer wieder vor, mit antisemitischen Klischees Wahlkampf zu machen. Etwa im Falle einer fragwürdigen Kampagne gegen den ungarisch-amerikanischen Investor und Philanthropen George Soros.

Gläubige zu Offenheit und Respekt aufgefordert
Mit dem Papa-Mobil fuhr Franziskus danach an jubelnden Gläubigen vorbei durch die Straßen Budapests, um auf dem Heldenplatz vor rund 100.000 Gläubigen die Abschlussmesse zum 52. internationalen Eucharistischen Kongress zu halten, der in Budapest tagt. Doch auch diesmal ging es nicht ohne mahnende Zwischentöne. „Zurschaustellung und Triumphalismus“ seien nicht der Weg zu Gott, sagte der Papst und warnte zu Füßen des Millenniumsdenkmals vor dem „Götzen unseres Ichs“, den es mit Jesus Hilfe zu überwinden gelte. 

An dem Gottesdienst nahmen laut Kathpress neben Orban und Ungarns Staatspräsident Janos Ader auch das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, sowie Vertreter anderer Konfessionen teil. Aus Österreich waren unter anderen der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics, der St. Pöltner Weihbischof Anton Leichtfried und der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer sowie auch Caritas-Präsident Michael Landau angereist.

Eigentlich war der Kongress schon im vergangenen Jahr geplant, die Veranstalter hatten ihn aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. Im Vorfeld hatte die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Orban die Corona-Regeln gelockert, sodass die Teilnehmenden keinen Nachweis über eine Impfung gegen oder eine Genesung von Covid-19 brauchen.

Papst als seltener Gast bei Abschlussmesse
Dass ein Papst die Abschlussmesse eines Eucharistischen Kongresses zelebriert, gilt als selten. Diese internationalen Treffen haben zum Ziel, die Verehrung der Eucharistie unter den Gläubigen zu fördern. Sie ist ein Kernstück im christlichen Glauben und geht auf das letzte Abendmahl Jesu zurück, in dem er der Überlieferung nach seinen Jüngern Brot und Wein gab mit den Worten: Das ist mein Leib, das ist mein Blut. Im übertragenen Sinn wird die Eucharistiefeier im Gottesdienst auch als Zeit verstanden, die sich die Gläubigen für Gott nehmen.

Weiterreise in die Slowakei
Franziskus war auf seiner 34. internationalen Reise am Sonntag gegen 7.45 Uhr in Budapest gelandet. Von dort ging es am Nachmittag in die Slowakei nach Bratislava weiter, wo er dann bis Mittwoch ist. Nach 18 Jahren ist damit erstmals wieder ein Papst zu Besuch in dem mitteleuropäischen Land. Nach den offiziellen Terminen in Bratislava will er eine Plattenbausiedlung in Kosice besuchen, wo Tausende Menschen der Roma-Volksgruppe unter schwierigen Bedingungen leben. Weitere Stationen sind Presov sowie die Kleinstadt Sastin-Straze.

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