Trotz Durchimpfung

Forscher: SARS-CoV-2 ist gekommen, um zu bleiben

Wissenschaft
17.06.2021 05:55

Das Coronavirus SARS-CoV-2 wird bleiben, selbst wenn einmal der Großteil der Weltbevölkerung geimpft sein sollte - davon geht inzwischen die Mehrheit der Experten aus. Die viel erwähnte Herdenimmunität ändert daran nichts. Sie bedeutet, dass große Infektionswellen unwahrscheinlich werden, nicht aber, dass das Virus verschwindet. Unwahrscheinlich wird ein Verschwinden auch durch das Auftreten immer neuer Varianten - derzeit bereiten vor allem die Delta- und die Lambda-Mutationen (siehe auch Video) Sorgen.

Wichtig wird es darum sein, die Verbreitung bekannter und neu auftauchender Mutanten dauerhaft zu überwachen - zum einen, um Impfstoffe anpassen zu können, und zum anderen, um beginnende größere Ausbreitungswellen früh zu bemerken. Da es sich um ein globales Problem handle, sei eine internationale Struktur nötig, erklärte Isabella Eckerle, Leiterin der Forschungsgruppe Emerging Viruses an der Schweizer Universität Genf.

In Überwachung auch Tierpopulationen einschließen
„Besonders jene Regionen, in denen der Zugang zu Impfstoffen limitiert ist, die noch lange auf eine Durchimpfung der Bevölkerung warten müssen und in denen gleichzeitig weitgehend unkontrollierte Viruszirkulation stattfindet, stellen Risikogebiete für neue Varianten dar.“ In die Überwachung müssten auch bestimmte Nutz- und Wildtierpopulationen eingeschlossen werden.

Überwachungssystem an Grippe-Netzwerk orientieren
Ein Vorbild könne das Influenza-Überwachungssystem für die jährlichen Grippewellen sein, betonte Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Schweizer Universität Basel. „Hier besteht seit Jahren ein globales Netzwerk, das Influenzaviren sammelt und Inzidenzen misst.“ Alle sechs Monate gebe es eine Empfehlung für die Zusammensetzung des Grippe-Impfstoffs. Auch bei Covid-19 werde vermutlich eine regelmäßige Aktualisierung der Impfstoffe nötig sein.

Der momentane Stand sei, dass die verfügbaren Impfstoffe gegen Varianten wie Alpha und Delta in Bezug auf Ansteckungen etwas weniger wirksam sind, gegen sehr schwere Verläufe aber weiterhin sehr gut schützen, erklärte Annelies Wilder-Smith, Professorin für neu auftretende Infektionskrankheiten an der London School of Hygiene and Tropical Medicine in Großbritannien. Sie schlägt vor, einem größeren Anteil der Bevölkerung zumindest den Erststich zu ermöglichen, anstatt Auffrischungsdosen bereitzustellen. Noch verfüge die Welt nämlich nicht über genügend Impfstoff für alle.

Möglicherweise nur begrenztes Repertoire an Mutationen
„Global ist die wichtigste Maßnahme die möglichst schnelle und breite Durchimpfung, sodass dem Virus weniger Gelegenheit gegeben wird, durch evolutionären Druck neue Varianten entstehen zu lassen“, betonte auch Eckerle. Es scheine erfreulicherweise so zu sein, dass bei den Varianten oft die gleichen Mutationen entstünden - das Virus habe womöglich nur ein begrenztes Repertoire an Mutationen, um sich besser anzupassen. „Wenn es zeitnah auch Impfstoffe gegen Varianten geben wird, die diese Mutationen abdecken, könnte sich ebenso eine recht stabile Situation einstellen, in der das Auftreten von immer weiteren, neuen Varianten ausbremst wird.“

Nach „pandemischem Denken“ kommt „chronische Phase“
Sind vor allem die Gruppen mit hohem Risiko, schwer zu erkranken, weitgehend durchgeimpft, bedeutet das auch Entlastung für die Kliniken - und ein Ende „pandemischen Denkens“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), Christian Karagiannidis, am Dienstag. Künftig werde Covid-19 eine Erkrankung des Klinikalltags werden und den Schrecken einer in Wellen verlaufenden Pandemie verlieren - man gehe „in eine chronische Phase“ über.

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