Verhandlungen in Steyr

MAN-Übernahme: Letztes Wort noch nicht gesprochen

Oberösterreich
11.06.2021 17:30

Der Vertrag ist unterschrieben, formell wird die WSA von Siegfried Wolf wohl ab Mitte Juli zum Eigentümer des MAN-Werks in Steyr. Ab jetzt wird mit dem Betriebsrat das weitere Vorgehen verhandelt. Das betrifft sowohl den Sozialplan für jene Mitarbeiter, die ausscheiden, als auch die Details für den Übergang zu neuen Produktionslinien. Alle Aufträge für MAN werden bis 2023 abgearbeitet.

Die wesentliche Verbesserung gegenüber März, als das erste Angebot scheiterte, betrifft die Abfindungen für jene, die nicht übernommen werden. Sie erhalten jetzt netto gleich viel wie die Kollegen in den deutschen MAN-Werken, die vom Mitarbeiterabbau betroffen waren.

Betriebsrat: „Wolf nun für über 2000 Mitarbeiter verantwortlich“
Für den Betriebsrat ist es kein Problem, dass es keine zweite Abstimmung über Wolfs Pläne gab. Das sei nicht notwendig gewesen, heißt es jetzt. Da Wolf das gesamte Werk von MAN gekauft hat (über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart), sei er nun für über 2000 Mitarbeiter verantwortlich. Da gelte es jetzt, zu Lösungen zu kommen, sagte Arbeiterbetriebsrat Helmut Emler am Freitag.

Zuvor hatten die beiden Gewerkschafter Alois Stöger (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) darauf hingewiesen, dass mit dem Eigentümerwechsel noch nicht das letzte Wort gesprochen sei. „Es gibt bisher nur einen Deal von Wolf mit MAN. Es gibt aber noch keinen Deal mit den Arbeitnehmern und den Gewerkschaften. Unser Einsatz für die Belegschaft und für gute Arbeitsplätze geht weiter“, kündigen die beiden Gewerkschafter an.

Kündigungen sollen dem Vernehmen nach rechtlich bekämpft werden.

Parallel zum Auslaufen der Fertigung von Komponenten und Lkw für MAN will Wolf seine eigenen Produktionslinien aufbauen. Schon ab Mitte 2022 könnten Fahrerhaus-Lieferungen für den russischen GAZ-Konzern beginnen, der ebenfalls Lastwagen herstellt und an dem Wolf mit zehn Prozent beteiligt ist.

FPÖ warnt vor US-Sanktionen
Unter der Marke Steyr wird die WSA von Wolf dann normale und City-Busse (Diesel und Elektro), Kastenwagen und Klein-Lkw für den Weltmarkt erzeugen, sieben Modelle sind geplant. Mittelfristig werden sich vermutlich sowohl GAZ als auch die Raiffeisenlandesbank OÖ als Partner bei Wolfs WSA beteiligen, das Ausmaß ist offen. Skeptisch sieht die oberösterreichische FPÖ die Beteiligung Wolfs am russischen GAZ-Konzern. Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner erklärte, Wolf sei beim Automobilkonzern GAZ-Group des russischen Oligarchen Oleg Deripaska beteiligt und die beiden seien in der Vergangenheit schon gemeinsam mit einem gescheiterten Rettungskonzept für Opel in Erscheinung getreten.

GAZ stehe seit Jahren auf einer Schwarzen Liste des US-amerikanischen Amts für die Kontrolle von Auslandsvermögen und sei sehr konkret von US-Sanktionen bedroht. „Sollten diese Sanktionen schlagend werden, muss vorher zweifelsfrei und transparent geklärt sein, dass hier keine Verbindungen bestehen und die Zukunft des Standortes Steyr davon auch nicht betroffen ist“, verlangte der Landeshauptmann-Stellvertreter.

Bürgermeister erleichtert
„Die Bedrohung, dass sich Wolf zurückzieht, ist Gott sei Dank nicht eingetreten. Ich bin froh und erleichtert“ - so kommentierte Steyrs Bürgermeister Gerald Hackl, dass Wolf mit seiner WSA nun das MAN-Werk in Steyr übernimmt und damit 1250 Arbeitsplätze plus die 160 Lehrlinge absichert. Dazu kommen noch weitere 150 Stellen in einer Forschungsgesellschaft.

Gemischte Gefühle bei den Mitarbeitern
Von der Einigung mit dem Ex-Magna-Chef waren Betriebsräte und Mitarbeiter überrumpelt worden. „Die Jüngeren trifft es härter als die Alten“, sagte Johannes Ganglbauer, der als Anlagenbetreuer am Werksareal tätig ist. Die Stimmung unter der Belegschaft ist gemischt. Betriebsrat Emler meinte am Freitag gegenüber dem Ö1-„Mittagsjournal“, dass die Auslastung des Standortes weiterhin sehr gut sei. Es könne sogar sein, dass der eine oder andere neue Mitarbeiter geholt werde. Dies könnte der Fall sein, wenn in den kommenden Jahren neue Großaufträge an Land gezogen würden.

Manfred Schumi
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