Die „Bergkrone“ begibt sich gemeinsam mit einem Paläontologen auf eine Spurensuche der Karnischen Krise, einer globalen Klimakatastrophe vor 233 Millionen Jahren und erklärt, was wir heute davon lernen können.
Der Natur- und Geopark Steirische Eisenwurzen ist für viele ein Naturjuwel, wo Erlebniswanderungen, Bergtouren und spannende Einblicke in die Erdgeschichte geboten werden. Für Paläontologen wie Dr. Alexander Lukeneder vom Naturhistorischen Museum Wien ist es jedoch weit mehr: ein geologisches Archiv, in dem Kapitel unserer Erdgeschichte wie Seiten eines uralten Buches aufgeschlagen werden können.
Mit Geologen-Hammer, Titan-Brechstange und Gammastrahlung-Messgerät verfolgt Lukeneder hier die Spuren einer Katastrophe, die sich vor 233 Millionen Jahren zutrug – der sogenannten Karnischen Krise. Benannt ist diese globale Klimakatastrophe mit dramatischen Folgen für das Leben auf der Erde nach dem Zeitalter Karn (Karnium), was wiederum seinen Namen von den Karnischen Alpen (Kärnten) ableitet, wo Gesteine dieses Erdzeitalters vorkommen.
Heftige Vulkanausbrüche setzten damals gewaltige Mengen an CO₂ und Methangas frei, heizten das Klima auf und veränderten die chemische Zusammensetzung der Meere.
Aus der Asche stiegen neue Tiergruppen hervor
Das führte zu Übersäuerung, Sauerstoffmangel und dem Aussterben vieler Meereslebewesen. Doch aus der Asche dieser Krise stiegen neue Tiergruppen hervor – unter ihnen die großen Dinosaurier, die sich in der Folgezeit zur dominierenden Spezies auf dem Planeten entwickelten.
Heute analysiert Alexander in Großreifling direkt neben einem Forstweg im Gebiet der Österreichischen Bundesforste Gesteinsschichten, Fossilien und mikroskopisch kleine Kalkskelette. Sein Ziel: ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, wie dramatisch und schnell sich das Klima der Erde verändern kann – und welche Spuren es dabei hinterlässt.
Denn in den Gesteinsschichten finden sich eindeutige Hinweise auf plötzliche Faunenwechsel, abrupte Veränderungen in den Sedimenten und das Verschwinden ganzer Ökosysteme.
Diesmal ist der Mensch die Ursache
„Ich bin kein Zukunftsforscher und kein Klimatologe“, sagt Lukeneder, „heute sieht man solche Veränderungen in den Meeressedimenten binnen 50 Jahren, wofür es früher zwei Millionen Jahre brauchte.“
Was also einst durch Naturgewalten ausgelöst wurde, passiert erneut – nur, dass diesmal wir selbst die Ursache sind. Der menschengemachte Klimawandel bringt Symptome mit sich, die an vergangene Krisen erinnern, wie ein rasanter CO₂-Anstieg, Ozeanversauerung, Korallensterben, Artenverlust und eine beschleunigte Erwärmung, wie sie zuletzt in der Erdgeschichte nur nach Supervulkan-Ausbrüchen oder Meteoriteneinschlägen vorkam.
Paläontologie als Frühwarnsystem
„Der Erde selbst ist die Klimaveränderung natürlich völlig egal“, erklärt der Forscher nüchtern: „Auch der Meteor-Einschlag auf der Yukatan-Halbinsel in Mexiko, der die Dinosaurier auslöschte, hat die Erde selbst nicht interessiert.“
Durch die Forschung des Professors, der auch an der Universität Wien lehrt, wird die Paläontologie zu einer Art Frühwarnsystem. „Wir befinden uns wieder mitten in einer neuen geologischen Krise“, so der gebürtige Oberösterreicher, der heute mit seiner Familie im Wienerwald lebt.
„Und die Veränderungen sind ebenso tiefgreifend wie jene im Trias-Zeitalter vor 233 Millionen Jahren – nur dass diesmal Menschen und moderne Zivilisation betroffen sind. Die Karnische Krise und die Fossilien von Großreifling zeigen somit, wie verwundbar das Gleichgewicht der Erde ist – und wie brutal die Konsequenzen sein können, wenn dieses Gleichgewicht kippt.“
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