03.06.2021 17:00 |

Knalleffekt in Justiz:

Brandstetter gibt freiwilligen Rückzug bekannt

Am Freitag sollte er sich beim Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, Christoph Grabenwarter, erklären. Nun gab Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter von sich aus seinen freiwilligen Rückzug als Höchstrichter bekannt. Brandstetter war zuletzt durch Chats mit dem suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek weiter unter Druck geraten.

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„Vor Ablauf des kommenden Wochenendes“ könne Brandstetter zu den Vorgängen Stellung nehmen, hieß es Donnerstagmittag aus dem Verfassungsgerichtshof. Deshalb wurde für Freitag eine Aussprache zwischen dem Präsidenten des VfGH, Christoph Grabenwarter, und Brandstetter anberaumt.

Brandstetter verkündet freiwilligen Rückzug
Nun die große Überraschung. Der Höchstrichter wird sich, wie er der „Krone“ auf Anfrage mitteilte, freiwillig zurückziehen. Am Montag hätte die nächste Session der Höchstrichter beginnen sollen, an dieser wird Brandstetter nur noch eingeschränkt teilnehmen - nach Fertigstellung laufender Akten wird er den VfGH mit Wirkung vom 30. Juni 2021 verlassen.

Ihm sei es als parteifreier Justizminister in den Jahren 2013 bis 2017 immer besonders wichtig gewesen, die Justiz aus parteipolitischen Diskussionen herauszuhalten. Nun sei faktisch eine Situation eingetreten, in der er dem VfGH am besten dienen könne, wenn er sich aus seiner Funktion zurückziehe. Er tue dies in der Überzeugung, damit einen persönlichen Beitrag dazu leisten zu können, dass der Verfassungsgerichtshof besser aus der tagespolitischen Diskussion herausgehalten werden kann. „Das ist wichtig für das Vertrauen in den Rechtsstaat, das mir in all meinen Funktionen immer besonders am Herzen lag“, so Brandstetter.

„Keinerlei belastende Indizien“
Er vertraue darauf, dass das Ermittlungsverfahren gegen ihn so rasch wie möglich zu einem Abschluss geführt werde. Die an die Öffentlichkeit gelangten Chats hätten jedenfalls keinerlei belastende Indizien im laufenden Ermittlungsverfahren enthalten - im Gegenteil, so Wolfgang Brandstetter.

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Das ist wichtig für das Vertrauen in den Rechtsstaat, das mir in all meinen Funktionen immer besonders am Herzen lag.

Wolfgang Brandstetter über seinen Rückzug als Höchstrichter

Als Jurist fühle er sich den Grund- und Menschenrechten zutiefst verbunden. „Ich rufe daher auch zur Wachsamkeit und zu mehr Sensibilität für Grundrechte auf, damit wir auch morgen noch Meinungsfreiheit, Gedankenfreiheit und Privatsphäre als die wichtigsten Eckpfeiler unseres Rechtsstaates und unserer demokratischen Gesellschaft bewahren.“

Bedenkliches Bild durch Chats
Brandstetters Offensive war großer medialer Druck vorangegangen. Wie die „Krone“ berichtete, zeichnen die Chats zwischen dem suspendierten Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, und Brandstetter ein bedenkliches Bild: Attacken gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, sexistische und rassistische Äußerungen des Sektionschefs zu Höchstrichterinnen.

Es laufen weiterhin Ermittlungen gegen Brandstetter und Pilnacek wegen mutmaßlicher Weitergabe vertraulicher Infos zu Hausdurchsuchungen. Das Verfahren wurde mittlerweile an die Staatsanwaltschaft Innsbruck ausgelagert. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Erich Vogl
Erich Vogl
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