Der Rotstift macht Entlassungen von schweren Straftätern leichter. In Zukunft haben Richter nämlich weniger zu melden: Sie entscheiden ab 2026 zusammen mit Justizwachebeamten und Bewährungshelfern über Haftentlassungen. Betroffen sind davon nächstes Jahr rund 400 Insassen.
Zig Haftstrafen werden in Österreich täglich ausgesprochen – rund ein Viertel der Verurteilten sitzt die Zeit auch tatsächlich bis zum Ende ab. Der Großteil wird frühzeitig bedingt aus der Haft entlassen. „Kein Gnadenakt, sondern ein Mittel der langfristigen Resozialisierung“, heißt es vom Justizministerium. Da hinterlässt es schon einen fahlen Beigeschmack, dass die bedingte Entlassung im neuen Budgetbegleitgesetz reformiert wird – wo es ums Geld geht.
Zuerst Fußfessel und jetzt Entlassung einfacher
Nachdem bereits die Änderung bei der Fußfessel Straftätern früher den Weg in die Freiheit ermöglicht – sie können den elektronisch überwachten Hausarrest nun 24 statt zwölf Monate vor Haftende beantragen –, ist ab nächstem Jahr auch bei Entscheidungen über die bedingte Entlassung einiges neu.
Im Moment entscheidet ein Berufsrichter. Ab 2026 werden ihm zwei Laienrichter zur Seite gestellt: ein Mitarbeiter einer Justizanstalt und ein Bewährungshelfer. Zwei von drei müssen für die Freilassung stimmen. Das gilt bei Häftlingen, die länger als drei Jahre absitzen müssen – also bei Schwerverbrechern. Es entscheiden künftig ein Beamter der Exekutive, der in völlig überlasteten Justizanstalten arbeitet, und ein Mitarbeiter vom Verein Neustart, der hauptberuflich an die Resozialisierung glaubt.
Richterschaft mit Bedenken
„Das Justizministerium ist davon überzeugt, dass auch Entscheidungen über bedingte Entlassungen von einer breiteren Entscheidungsbasis durch Einbezug fachkundiger Laienrichter profitieren“, heißt es. Eine Änderung, die bei der Richterschaft Bedenken aufkommen lässt. Man kritisiert nicht nur den Mehraufwand von ca. 30 Prozent bei solchen Senatsverhandlungen – es gilt Präsenzpflicht aller drei Mitglieder –, sondern auch, dass bei der Entlassung nach der Halbstrafe die Generalprävention, also die Warnung an die Gesellschaft, entfällt.
Das Ziel, das der Gesetzgeber vorgibt, ist eindeutig: mit bedingten Entlassungen mit Augenmaß großzügiger umzugehen.
Friedrich Forsthuber, Österreichische Richtervereinigung
Bild: Bartel Gerhard
Belegzahlen der Justizanstalten kein Grund?
„Ich glaube schon, dass die gesetzlichen Änderungen einige Insassen aus den Justizanstalten rausbringen werden“, so Friedrich Forsthuber, Obmann der Fachgruppe für Strafrecht in der österreichischen Richtervereinigung. Er rechnet mit rund 400 im nächsten Jahr. Eine Maßnahme zur Entlastung der Gefängnisse sei das aber nicht: Die Reform basiere „ausschließlich auf den gesetzlichen Voraussetzungen, zu denen die Belegzahl in der Justizanstalt nicht zählt“, gibt das Justizministerium gegenüber der „Krone“ an.
Ist es also wirklich ein „Mittel der Resozialisierung“ oder geht es vielleicht doch ums Geld?
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