„Mehrfach geprüft“

Familie abgeschoben: Bundesamt enthüllt Details

Politik
29.01.2021 13:09

Noch immer schlägt die Abschiebung von mehreren Kindern, darunter zwei Schülerinnen aus Wien und NÖ, medial wie politisch einige Wellen. Auch innerhalb der türkis-grünen Koalition wurden die Töne wieder rauer, Bundespräsident Alexander Van der Bellen schaltete sich ein. Jetzt nahm auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Stellung zum Fall der Familie aus Georgien und betont, dass „die möglichen Gründe eines umgangssprachlich sogenannten humanitären Aufenthaltsrechts“ mehrfach im Verfahren geprüft worden seien.

In der Nacht auf Donnerstag waren drei Schülerinnen und ihre Familien nach Armenien bzw. Georgien abgeschoben worden, eine Demonstration zur Verhinderung der Abschiebung wurde von der Polizei aufgelöst. Das Vorgehen der Beamten sorgte allerdings erneut für heftige Kritik in einigen Medien und vor allem in sozialen Netzwerken.

Wirbel in der Koalition
Mittlerweile hat der Wirbel auch die Innenpolitik erreicht. Die grüne Regierungsspitze in Person von Werner Kogler nannte das Ganze „unmenschlich“, Bundespräsident Alexander Van der Bellen mahnte, „dem Wohl von Kindern und Jugendlichen Vorrang zu geben“. ÖVP-Klubobmann August Wöginger wurde daraufhin von der Volkspartei in den Ring geschickt und richtete dem Bundespräsidenten aus, dieser müsse die „Unabhängigkeit der Justiz“ respektieren. Was die SPÖ wiederum als „ungeheuerlich“ bezeichnete.

Bundesamt nimmt detailliert Stellung
Nun hat sich auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Darin wird genau dargelegt, wie das Verfahren der georgischen Familie ablief (die „Krone“ berichtete bereits) - rechtlich gedeckt, doch einmal mehr die Schwächen des Fremdenrechts, wie z. B. lange Verfahren, aufzeigend. Im Folgenden die Eckpunkte des Falles nach Angaben des BFA.

  • Nach negativem Entscheid erneut eingereist: Die georgische Familie befand sich seit fast vier Jahren unrechtmäßig in Österreich. Die Mutter N. T. reiste demnach im Jahr 2006 erstmals legal nach Österreich ein, stellte 2009 einen Asylantrag mit der 2008 in Österreich geborenen Tochter T. T. und reiste nach rechtskräftiger negativer Entscheidung mit ihrem Kind im Jahr 2012 freiwillig wieder aus. Im Jahr 2014 reiste die Familie erneut in Österreich ein und stellte nach einem rechtskräftig negativ entschiedenen Asylantrag seither mehrfach Asylfolgeanträge, die ebenfalls alle rechtskräftig negativ entschieden wurden.
  • Insgesamt sechs Anträge gestellt: Im Jahr 2015 wurde die zweite Tochter L. T. in Österreich geboren und auch für sie wurden laut BFA Asylanträge eingebracht. Insgesamt wurden sechs Asylanträge von der Familie gestellt. Die wiederholt gleichlautenden Asylvorbringen und die Integration seien sowohl vom BFA als auch vom Bundesverwaltungsgericht geprüft und gewürdigt worden. Das Bundesverwaltungsgericht habe zudem bestätigt, dass eine Verletzung des Kindeswohls nicht ersichtlich sei. Die eingebrachten Revisionen seien vom Verwaltungsgerichtshof mehrmals zurückgewiesen worden.
  • Bereits sechs Abschiebeversuche vereitelt: Die Familie befand sich damit seit beinahe vier Jahren unrechtmäßig in Österreich, es habe in diesem Fall bereits sechs Abschiebeversuche gegeben, „die von der Familie aus verschiedenen Gründen vereitelt werden konnten“. Die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise sei nicht genutzt worden.
  • Wiederholte unzulässige Antragstellung: Der Verwaltungsgerichtshof begründete die Zurückweisung des letzten Antrages schließlich damit, dass sich die Familie schon so lange illegal in Österreich aufgehalten hatte: „Die Aufenthaltsdauer kam zu einem wesentlichen Teil nur durch beharrliche Nichtbeachtung fremdenrechtlicher Bestimmungen und wiederholte unbegründete bzw. unzulässige Antragstellung zustande.“
  • Auch humanitäres Bleiberecht geprüft: Im Rahmen jedes einzelnen Asylverfahrens werde auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen geprüft. Erfülle eine Person die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK (bekannt als „humanitäres Bleiberecht“), werde das auch ohne die Stellung eines dementsprechenden Antrages berücksichtigt. Dies sei, wie auch die Berücksichtigung von Integration und familiären Verbindungen, auch im konkreten Fall erfolgt.

Allgemein gelte, merkt nun auch das BFA an: In ihren Herkunftsstaat - Georgien gilt als sicherer Herkunftsstaat - rückgeführt würden stets nur Personen, deren Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde (sprich deren Verfahrensprüfung ergeben habe, dass keine Schutzbedürftigkeit im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliege) meist erst nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel und einer richterlichen Entscheidung.

Zitat Icon

Aufgrund der wiederholten negativen Entscheidungen hätte der Familie rasch klar sein müssen, dass keine Aussicht auf eine positive Asylentscheidung gegeben ist.

Das Bundesamt für Fremdenrecht und Asylwesen zum Fall der Familie T. aus Georgien

Öffentliches Interesse
Dass aus dem Bereich des Innenministeriums ein Einzelfall derart detailliert berichtet wird, ist übrigens ungewöhnlich. Begründet wird dies damit, dass aufgrund „umfassender medialer Berichterstattung“ Interesse der Öffentlichkeit an einer sachlichen Information bestehe. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) rückte am Freitag schließlich auch persönlich zur Verteidigung der Entscheidung aus.

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