„Verfall aufhalten“
Libanons verhasster Ex-Premier Hariri kehrt zurück
Gegen ihn als einer der Vertreter der verhassten Elite hatte es im Vorjahr Massenproteste gegeben, nun kehrt der frühere libanesische Ministerpräsident Saad al-Hariri zurück - und zwar als Regierungschef! Ein Jahr nach seinem Rücktritt ist Hariri nämlich von Präsident Michel Aoun erneut zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Nun steht Hariri vor der enorm schwierigen Aufgabe, eine neue Regierung im Krisenland zu bilden.
Sein Nachfolger bzw. mittlerweile wieder Vorgänger Hassan Diab trat im August 2020 nach der verheerenden Explosion am Hafen von Beirut zurück. Auch Diabs designierter Nachfolger Mustafa Adib warf Ende September hin - nach eigener Aussage wegen interner Machtkämpfe bei der Regierungsbildung. Hariri selbst versprach am Donnerstag, die Probleme des Landes rasch mit einer Regierung aus Experten anzugehen. „Die Zeit drängt und dies könnte die letzte Chance sein“, erklärte der 50-Jährige.
Er versprach, den „wirtschaftlichen Verfall“ des Landes aufzuhalten und die Schäden der verheerenden Explosion in Beirut im August zu reparieren. Versprechen, die auch schon andere Politiker des Zedernstaates gegeben hatten. Das kleine Land am Mittelmeer ächzt derzeit unter seiner schwersten Krise seit Ende des Bürgerkriegs vor 30 Jahren. Der Staat ist extrem verschuldet und wirtschaftlich am Boden. Das libanesische Pfund hat in den vergangenen Monaten rund 80 Prozent seines Werts verloren. Die Corona-Pandemie und die Explosion am 4. August haben die Krise noch verschärft. Bei der Katastrophe waren mehr als 190 Menschen getötet und rund 6000 verletzt worden, etwa 300.000 weitere wurden obdachlos.
Die Aussichten auf eine erneute Ernennung Hariris hatten am Mittwoch in Beirut zu Demonstrationen seiner Gegner sowie seiner Unterstützer geführt. Kritiker betrachten ihn als Teil der alten Machtelite, der sie Misswirtschaft und Korruption vorwerfen. Hariri ist Sohn des 2005 bei einem Bombenattentat getöteten früheren Ministerpräsidenten Rafiq al-Hariri. Er war bereits von 2009 bis 2011 Regierungschef und dann erneut ab 2016.
Schiiten-Miliz verspricht „positive Atmosphäre“
Die Kabinettsbildung in dem konfessionell gespaltenen Libanon dürfte sich erneut schwierig gestalten. Die 18 religiösen Gruppen des Landes sind alle im Parlament vertreten und haben bei der Regierungsbildung üblicherweise ein Wort mitzureden. Die schiitische Hisbollah, die vom Iran unterstützt wird und im Land großen Einfluss besitzt, versprach eine „positive Atmosphäre“ bei den Verhandlungen.
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