Heftiger Übergriff

Öffi-Mitarbeiter sehen rot: Fahrgast (39) verletzt

Wien
18.07.2020 06:00

Vor knapp vier Wochen kam es in einer Wiener U-Bahn-Station zu einem heftigen Übergriff von drei Wachebediensteten auf einen 39-Jährigen. Weil er angeblich gegen die Maskenpflicht verstoßen habe.

Es geschah in der Nacht vom 22. auf den 23. Juni in der U-Bahn-Station Karlsplatz – „dieser Wahnsinn, dieser entsetzliche Übergriff auf mich“, wie Markus Lorenz sagt. Der 39-jährige Akademiker – er hat Komposition studiert, ist Musikinstrumente-Händler – hatte den Abend mit ein paar Freunden in der Wiener Innenstadt verbracht, in einem Lokal. „Und danach bin ich noch alleine ein wenig spazieren gegangen.“

Kurz nach Mitternacht sei er bei der Oper die Rolltreppe hinabgefahren, um in einen Zug der U4 zu steigen. In Richtung seiner Wohnung, nach Wien-Meidling. Kaum seien zu dieser späten Stunde noch Menschen in der Station gewesen. „Und ja, ich hatte meine Maske noch nicht ins Gesicht gezogen.“ Drei Securitys der Wiener Linien entdeckten ihn, „in der Folge begannen sie, mich in rauem Ton darauf hinzuweisen, dass ich einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen hätte“.

Eine Garnitur fuhr ein, „noch vor dem Betreten des Waggons legte ich ihn natürlich an – und ich dachte, die Angelegenheit sei damit erledigt“. Ein Irrtum, wie sich bald herausstellen sollte: „Die Wachleute folgten mir, beflegelten mich, forderten mich auf, sofort die U-Bahn zu verlassen. Ich weigerte mich, versuchte ihnen – freilich nicht nur mit freundlichen Worten – klarzumachen, dass ich mich gesetzeskonform verhalten hätte und ihre Anweisungen für seltsam halten würde.“

„Plötzlich stießen sie mich zu Boden“
Und dann diese – wie Videos aus Überwachungskameras belegen – offensichtliche absurde und übertriebene Aktion: „Die drei Securitys kamen auf mich zu, zerrten mich aus dem Zug, nahmen mich in den Schwitzkasten, stießen mich zu Boden.“ Schwer geschockt „und mit Schmerzen am ganzen Körper“ schleppte sich der 39-Jährige danach zum Eingangsbereich der Station – „mit der Maske vorm Gesicht begab ich mich danach nochmal nach unten, um die nächste U-Bahn zu besteigen“. Was die Wachleute – abermals mit völlig unangemessener Vehemenz – verhindert haben sollen.

Markus Lorenz ging daraufhin zu einem Taxistandplatz und ließ sich in seinen Heimatbezirk in eine dortige Polizeistation chauffieren. Wo er Anzeige gegen die drei Männer erstattete. Ein Amtsarzt wurde gerufen, der Mediziner stellte bei ihm – zum Teil schwere – Abschürfungen und Hämatome an den Armen, den Beinen und im Bereich des Unterbauchs fest.

Zitat Icon

Ich bin fassungslos darüber, dass Mitarbeiter der Wiener Linien mir solch massive Gewalt angetan haben.

Markus Lorenz

Mittlerweile hat der Akademiker den Wiener Anwalt Werner Tomanek engagiert: „Das Vorgehen der Securitys gegen meinen Mandanten war augenscheinlich kriminell – und es verstößt massiv gegen ihre Dienstvorschriften.“ Ähnlich sieht das die Wiener Polizei. „Die Angaben des mutmaßlichen Opfers klingen glaubwürdig“, so ein Beamter, „zudem werden sie durch Videoaufnahmen bestätigt.“

Wiener Linien sehen keine Dienstverfehlung
Die betreffenden drei Securitys sollen Anfang August von der Kripo zu dem Vorfall vernommen werden. Im Falle einer Anklage drohen ihnen Verurteilungen wegen Nötigung und Körperverletzung. Strafrahmen: bis zu drei Jahre Haft.

Inzwischen hat Anwalt Tomanek beim Dienstgeber der Wachleute, also bei den Wiener Linien, Schmerzensgeld- und Schadenersatzforderungen – bei der Attacke wurde auch das Handy seines Klienten beschädigt – angemeldet. Die Verkehrsbetriebe haben daraufhin den Fall an ihre Haftpflichtversicherung weitergeleitet. Dienstrechtliche Schritte wurden bislang gegen die drei Beschuldigten nicht eingeleitet. „Der Fahrgast hat sie ,angestänkert‘ und ihre Anweisungen missachtet. Deshalb war es rechtens, ihn aus dem U-Bahn-Zug zu entfernen“, so ein Sprecher der Wiener Linien.

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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