Uneinigkeit in Partei

SPÖ streitet bei Präsidium über die Sicherungshaft

Politik
30.01.2020 11:46

Während die türkis-grüne Regierung zum Abschluss der Klausur ihren Fahrplan zur Steuerreform präsentiert hat, beschäftigt sich die SPÖ nach wie vor mit einem anderen Vorhaben der Regierung: der Sicherungshaft. Bei der Sitzung von Präsidium und Vorstand am Donnerstag demonstrierten die Teilnehmer freilich Geschlossenheit, von einem Richtungsstreit zwischen dem Kurs auf Bundesebene und jenem im Burgenland wollten die Präsidiumsmitglieder nichts wissen. Das Gros der roten Landeschefs glänzte aber mit Abwesenheit.

Während SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner an ihrer ablehnenden Haltung zum Thema Sicherungshaft festhält, sieht Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil das bekanntlich ganz anders - und nicht nur er. Auch einige andere Sozialdemokraten stehen einer solchen Maßnahme nicht ablehnend gegenüber.

„Zuerst soll Regierung einen konkreten Vorschlag auf den Tisch legen“
Am Donnerstag war von fast allen ein ähnliches Wording zu hören: Zuerst solle die Regierung einen konkreten Vorschlag auf den Tisch legen, über den man dann diskutieren kann. Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures bekräftigte zudem die Skepsis, dass im Rahmen der bestehenden Verfassung eine solche Präventivhaft möglich sei. „Viele Juristen sagen, dass das unmöglich ist.“ Die SPÖ sei jedenfalls eine Partei, die immer ihre Stimme erheben werde, wenn Grund- und Freiheitsrechte beschnitten werden.

„Unterschiedliche Meinungen, aber wir verfolgen die gleichen Ziele“
Reibereien zwischen der Bundespartei und dem erfolgreichen Landeshauptmann Doskozil, der bei der Landtagswahl am Sonntag die Absolute holte, sah Bures nicht. „Wir freuen uns mit Doskozil. Er und sein Team haben das sehr gut gemacht.“ Und dieser Erfolg zeige, „dass wir nicht an Schlagzeilen gemessen werden, sondern daran, ob wir den Alltag der Menschen verbessern“, so Bures. Es werde offenbar immer versucht, „das Haar in der Suppe zu finden“, so Bures. In der Partei gebe es unterschiedliche Meinungen, „aber wir verfolgen die gleichen Ziele“.

Auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig sah keine nennenswerten Differenzen innerhalb der Partei. Man könne sich aber von Doskozil vieles abschauen, so Ludwig, der selbst bald eine Wahl zu schlagen hat. Was die Sicherungshaft betrifft, warte er auf die Vorschläge der Regierung.

SPÖ „steht für Verfassungsänderung nicht zur Verfügung“
Ähnlich äußerte sich auch der neue steirische SPÖ-Vorsitzende Anton Lang, der wie Doskozil eine Sicherungshaft für denkbar hält. Er bekräftigte aber, dass die SPÖ für eine Verfassungsänderung nicht zur Verfügung stehe und eine etwaige Gesetzesänderung nur im Rahmen der bestehenden Verfassung infrage komme. Zum Kurs von Landeshauptmann Doskozil meinte Lang, dass es „einige Dinge gibt, die man übernehmen sollte“. Die steirische SPÖ sei in vielen Bereichen der gleichen Meinung wie die burgenländische.

Linzer Bürgermeister: „Kann mir solche Lösung vorstellen“
Auch der Linzer Bürgermeister Klaus Luger teilt die Ansicht des burgenländischen Landeshauptmannes: „Meine persönliche Meinung ist, dass ich mir bei ganz klaren Rahmenbedingungen aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen - vor allem auch der Gewalt gegen Frauen und der häuslichen Gewalt - eine solche Lösung vorstellen kann.“

Stöger: „Schlagwort, mit dem die Demokratie abgeschafft wird“
Zur Sicherungshaft sehr negativ äußerte sich einzig Verkehrssprecher Alois Stöger. Für ihn ist diese „ein Schlagwort, mit dem die Demokratie abgeschafft wird“. „Bei der Sicherungshaft sind Sie die Ersten, die es nicht mehr gibt“, sagte er den vor dem SPÖ-Parlamentsklub wartenden Journalisten.

„Die Regierung ist gefordert, Klarheit zu schaffen“
Alle diese Positionen fasste die SPÖ-Zentrale in einer Stellungnahme zusammen. Weder die türkis-blaue noch jetzt die türkis-grüne Regierung hätten einen konkreten Vorschlag zur Sicherungshaft auf den Tisch gelegt: „Die Regierung ist gefordert, Klarheit zu schaffen.“ Die SPÖ sei „klar gegen eine willkürliche Sicherungshaft“, die jeden betreffen könne. „Eine unbedachte Äußerung, ein falsches Wort am falschen Ort - und schon kann es passieren, dass man auf Verdacht festgenommen wird“, warnen die Sozialdemokraten und verweisen auf äußerst kritische Stellungnahmen renommierter Verfassungsexperten.

„Für die SPÖ sind Grund- und Freiheitsrechte unantastbar. Für unsere Partei steht außer Streit, dass einer Verfassungsänderung, die unsere Grund- und Freiheitsrechte berührt, nicht zugestimmt wird. Dass für eine willkürliche Sicherungshaft auch noch unsere Verfassung ,hingebogen‘ wird, ist nicht unser Weg“, hieß es in der Stellungnahme.

Kronen Zeitung/krone.at

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