„Krone“ bei Ermittlern

Arzt und Co.: Die schrecklich nette Doping-Familie

Wintersport
08.03.2019 05:48

Es ist ein unscheinbarer Bau in einer engen Seitenstraße in Wien. Hier, im 2. Stock, sitzt die Zentrale der Doping-Ermittler des heimischen Bundeskriminalamtes. Kein Behördenschild, nur ein „SOKO“-Pickerl an der Türklingel gibt einen Hinweis auf jene Fahnder, die gerade in einem der spektakulärsten Sportkrimis binnen einer Woche mehr Athleten als mutmaßliche Betrüger überführt haben als Anti-Doping-Behörden (siehe Grafik links: die Zahl der NADA-Kontrollen) mit Millionenbudgets in einem Jahr.

Die „Krone“ konnte hinter die Kulissen der mit sechs Männern und einer Frau zwar kleinen, aber schlagkräftigen Truppe blicken. Deren Chef, Dieter Csefan, erzählt eine spannende Geschichte über gefallene - und noch immer glänzende Sporthelden.

Die Ermittlungen zur „Operation Aderlass“ begannen Ende 2018 und nahmen mit den Aussagen des bis zuletzt dopenden vermeintlichen Saubermannes, Ex-Langläufer Dürr, in einer Sport-Doku Fahrt auf. Der meldete sich gestern Abend in einem weiteren ARD-Interview: „Da waren zwei Persönlichkeiten in mir. Johannes als Mensch und der Leistungssportler.“

In Wahrheit reicht die Blutspur zum aktuellen Skandal aber zehn Jahre zurück. Zum früheren Sportmanager unseres ebenfalls überführten Tour-de-France-Bergwertungssiegers Bernhard Kohl.

50 Prozent Rabatt auf benutzte Blutzentrifuge
Denn eben jener Stefan Matschiner verscherbelte die 100.000 Euro teure Blutzentrifuge damals mit rund 50 Prozent Rabatt an den nun im Visier stehenden Sportmediziner Dr. Mark S. Unter anderem war der auch zwei Jahre Teamarzt in der Radmannschaft - erraten, von Bernhard Kohl. So schließt sich also der Kreis in der schrecklich netten Doping-Familie. In der Szene kennt man sich einfach.

Dass Mark S. während der Nordischen WM in Seefeld Langläufer „versorgte“, wusste man bald durch technische Abhörmaßnahmen. Bei Überwachungen war zu sehen, wie die Krankenschwester des feinen Herrn Doktor in ein angemietetes Appartement neben dem ÖSV-Teamhotel geht und später die ertappten Hauke und Baldauf (oben im Video) im Team-Trainingsanzug über die Hintertreppe hinaufhuschen. Aber auch Mark S. betreute, getarnt als Wintersporttourist mit Ski, persönlich vor Ort.

Interessantes Detail: Hauke war bis ins Jugendalter genauso stark wie ein aktueller Olympiasieger in der Loipe. Warum jetzt der große Unterschied? Die schmunzelnde Antwort des Chefermittlers: „Wir haben strenge Gesetze.“

Bald der nächste Knall im aktuellen Fall?
Kommende Woche steigt die Spannung wieder. Mit dem Verhör der Schlüsselfigur in Deutschland. Dessen Aussagen und die 40 sichergestellten Blutbeutel (fünf davon gehören dem geständigen Radler Stefan Denifl) in der Tiefkühltruhe lassen die Sportlerszene zittern.

Künftig dürfte aber auch Blutwäsche überholt sein. Die Zukunft liegt im Gen-Doping. Modellathleten aus dem Labor, die an Frankensteins Monster erinnern.

Christoph Budin, Kronen Zeitung

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(Bild: KMM)



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