Causa Krankenstände

Gewerkschaftsboss soll ÖBB-Praktiken geduldet haben

Österreich
02.10.2009 12:31
In der ÖBB-Affäre um die gesetzwidrigen Krankenstandserfassungen gerät jetzt erstmals Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl in die Schusslinie. Ex-Personalchef Franz Nigl hat bei der Staatsanwaltschaft Unterlagen deponiert, die nicht nur Vorstand Peter Klugar belasten, sondern auch den Gewerkschaftsboss. Laut Nigl gab es schon seit dem Jahr 2001 Erfassungen von Diagnosedaten, von denen die Belegschaftsvertretung gewusst und diese auch unterstützt haben soll.

Laut "Format" hat Nigl, der 2004 zu den ÖBB gekommen war, dem Staatsanwalt Personaldatenblätter von vor seiner Zeit vorgelegt, auf denen es bereits Vermerke mit Gesundheitsdaten gegeben haben soll. Unter einigen der Dokumente dürften sich Unterschriften von Klugar, Haberzettl und anderer ÖBB-Granden befinden.

Auch die kritisierten Rückkehrgespräche nach Krankenständen zur Ergründung der Ursachen seien im Rahmen des Abwesenheitsmanagements schon 2001 eingeführt worden, heißt es.

Haberzettl dementiert, ÖBB wehrt ab
Haberzettl selbst weist die Anschuldigungen entschieden zurück. Bei einem der Beweisdokumente Nigls handle es sich um gar kein Krankenstandsthema, sondern um den Fall eines Eisenbahners, der krankheitsbedingt pensioniert wurde. "In diesem Fall ist der Grund für die Pensionierung allen Beteiligten bekannt. Die Vorwürfe gehen somit absolut ins Leere", so Haberzettl.

In einer Aussendung betont der Bahn-Konzern: Die ÖBB Holding stelle zum wiederholten Mal klar, dass sich die Äußerungen von Klugar, "nichts gewusst zu haben" auf die vor drei Wochen medial thematisierten Vorwürfe bezogen hätten. "Aufgrund der Auftrags- bzw. Berichtslage konnte und musste davon ausgegangen werden, dass es im ÖBB-Konzern nicht mehr zu einer digitalen Erfassung von Krankenstandsdaten gekommen ist", so der Konzern.

Schelte für Haberzettl von Opposition und ÖVP
Für den SPÖ-zugehörigen Haberzettl regnete es am Freitag harsche Kritik von FPÖ und BZÖ, aber auch vonseiten des Koalitionspartners ÖVP. Deren Generalsekretär Fritz Kaltenegger bezeichnete Haberzettl am Freitag als "Ausdruck der derzeitigen Krise der SPÖ". Dass Haberzettl Datenblätter mit Angaben zu Krankheitsgründen unterschrieben habe, zeige nach Ansicht Kalteneggers, dass der Gewerkschafter "ertappt wurde bei einer wirklichen Sauerei". Haberzettl habe von den Missständen gewusst und "versucht, die Schuld von sich zu schieben". Die SPÖ habe derzeit ein "Glaubwürdigkeitsproblem", schloss Kaltenegger daraus.

Die FPÖ findet, die Rolle der SPÖ bei der ÖBB-Affäre werden "immer dubioser", so Generalsekretär Herbert Kickl am Freitag in einer Aussendung. Für ihn handelt es sich um einen "tiefroten Skandal", er forderte, der "rote Sumpf" müsse trockengelegt werden. Ähnlich BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz: Er sieht einen "roten Bespitzelungsskandal" und forderte Haberzettl zum Rücktritt auf, dieser stecke "voll in diesem Sumpf".

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