Referendums-Erfolg

Kurden jubeln: Über 90 Prozent für Unabhängigkeit

Ausland
26.09.2017 07:42

Nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak rechnet die Wahlkommission mit einer überwältigenden Mehrheit für eine Abspaltung vom Rest des Landes. Die ersten Auszählungen deuteten darauf hin, dass mehr als 90 Prozent der Wähler für die Unabhängigkeit gestimmt haben, teilte die Kommission in der Nacht auf Dienstag mit. Das endgültige Ergebnis wolle man innerhalb von drei Tagen verkünden. Die vorläufige Wahlbeteiligung lag bei rund 72 Prozent. Nach dem Volksentscheid feierten die Kurden ausgelassen auf den Straßen.

Durch die kurdische Hauptstadt Erbil fuhren hupende Autos, teilweise brach der Verkehr zusammen. Menschen tanzten auf den Gehsteigen und schwenkten rot-weiß-grüne kurdische Fahnen. Immer wieder stiegen Feuerwerkskörper auf, Freudenschüsse waren zu hören.

Auch wenn eine große Mehrheit der rund 5,3 Millionen Wahlberechtigten für die Unabhängigkeit stimmte, ist das Ergebnis rechtlich nicht bindend und dürfte nicht direkt zur Abspaltung der Region führen. Das Votum soll aber die Verhandlungsposition der Kurden gegenüber der irakischen Regierung stärken.

Irakische Regierung sieht "Kriegserklärung"
Aus Bagdad hieß es, das Referendum sei "nicht verfassungsgemäß" und "eine Kriegserklärung an die Einheit des irakischen Volkes". Ministerpräsident Haider al-Abadi will das Ergebnis nicht anerkennen. Stattdessen wolle er die Maßnahmen gegen diejenigen verschärfen, die für "dieses Chaos und diese Zwietracht" verantwortlich seien, sagte er Dienstagfrüh. Das irakische Parlament forderte die Zentralregierung in einer Resolution auf, Truppen in die zwischen Bagdad und den Kurden umstrittenen Gebiete zu schicken, die von den Kurden kontrolliert werden.

Türkei droht mit Militärintervention
Auch die Türkei nannte die Abstimmung "illegal und ungültig". Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte die Schließung der Grenze zur Kurdenregion an. Außerdem drohte er mit einer militärischen Intervention im Nordirak nach dem Vorbild des türkischen Einmarsches in Syrien. "Wir können eines Nachts ganz plötzlich kommen. Wenn es sein muss, werden wir nicht davor zurückschrecken", sagte er. Der kurdischen Autonomieregion drohte er auch mit dem Stopp ihrer lebenswichtigen Ölexporte. Die Türkei ist der wichtigste Handelspartner der irakischen Kurden, die zum Export ihres Erdöls auf die Pipeline ins türkische Ceylan angewiesen sind.

Auch Iran, USA und UNO besorgt
Der Iran hatte bereits am Sonntag den Luftraum zu den Kurdengebieten geschlossen. Auch die USA als wichtiger Verbündeter der Kurden im Nordirak sowie die UNO hatten Kurdenpräsident Massoud Barzani von der Volksabstimmung abgeraten.

Barzani: "Wurden über Jahrzehnte unterdrückt"
Barzani hingegen verteidigte das Referendum und gab der irakischen Zentralregierung die Verantwortung dafür. Diese habe die Kurden über Jahrzehnte "unterdrückt und benachteiligt". "Wir haben unser Bestes getan, um eine Lösung mit Bagdad und der internationalen Gemeinschaft zu finden. Bagdad hat uns nicht akzeptiert und uns damit dazu gezwungen, diesen Schritt zu machen", sagte er. Es gebe kein Zurück zu dieser "gescheiterten Beziehung".

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