Sie verschickten seit Herbst 2024 Massen an Droh-Mails, teils mit islamistischem Inhalt, an Schulen, Ämter und Bahnhöfe in ganz Österreich. Nun schlugen Bundeskriminalamt und Staatsschutz, gemeinsam mit deutschen Behörden, zu. Die sieben Burschen und Männer spielten ein Spiel, in dem es um Anerkennung ging.
Es ist unklar, wie viel Geld die unzähligen Polizeieinsätze seit Herbst 2024 unsere Polizei gekostet haben. Unzählige Male mussten die Einsatzkräfte zwischen Vorarlberg und dem Burgenland ausrücken, um Schulen oder andere Gebäude vollständig zu evakuieren und zu durchsuchen.
Neben dem finanziellen Aspekt sind auch die psychologischen Folgen derartiger Angstszenarien, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, nicht zu unterschätzen. Wie die Ziele ausgewählt wurden, war lange Zeit nicht klar.
Erster Fall am Salzburger Hauptbahnhof
Begonnen hatte alles am 2. Oktober 2024 mit einer E-Mail, die am Salzburger Hauptbahnhof einging. Ihr Inhalt: eine islamistische Drohung gegen das Gebäude. Landes- und Bundeskriminalamt übernahmen die Sicherung von Spuren, erste Verdachtsmomente gegen eine Person aus Deutschland erhärteten sich, wie der Leiter des Cybercrime-Competence-Center (C4) des Bundeskriminalamtes der „Krone“ bestätigen konnte. Was dann folgte, war eine beispiellose Serie an Bombendrohungen, die das ganze Land überzog.
Die Adressaten wurden auf Google völlig zufällig ausgesucht. Es gibt bei keinem der Verdächtigen einen Bezug zu einem der Tatorte.
DSN-Ermittler zur „Krone“
Mehr als 300-mal mussten Schulen, Ämter, Bahnhöfe und andere Gebäude evakuiert werden. Die Szene, die die Drohungen verschickte, suchte Anerkennung im Netz. Die Männer und Burschen– sie sind zwischen 16 und 23 Jahren alt und allesamt in Deutschland wohnhaft – überboten sich gegenseitig.
„Umso größer, umso besser“, formuliert Leopold Holzbauer, Stellvertreter in der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). Je mehr Medien darüber berichten, desto besser für das persönliche Ansehen im Netz.
„In Österreich funktioniert das gut!“
Österreich spielte dabei eine gewichtige Rolle. Zwar agierten die Täter von Deutschland aus, doch in Österreich und der Schweiz wurde mehr über die Drohungen berichtet. „In Österreich funktioniert das gut“, hieß es in einem internen Chat, so ein DSN-Ermittler zur „Krone“.
Dann posteten die Männer Screenshots der Berichterstattung, um sich feiern zu lassen. Dennoch dürfte es in Deutschland selbst zehnmal so viele Drohungen gegeben haben wie bei uns. Die Ziele wurden völlig willkürlich über Google ausgesucht, Bezug dazu gab es keine.
Es ist kein Kavaliersdelikt. Und auch, wenn es nicht sofort passieren wird, aber: Wir finden euch!

Paul Marouschek, stv. Leiter des Bundeskriminalamtes
Bild: BMI/Gerd Pachauer
Täter nutzten aktuelle Bedrohungslagen schamlos aus
Die Täter agierten dabei völlig situationselastisch. War der Islamismus gerade medial präsent, wurde in den Schreiben mit islamistischen Anschlägen gedroht. Traurigerweise sprangen die Männer nach dem furchtbaren Amoklauf an einer Grazer Schule auch auf jenen Zug auf – und drohten Schulen in ganz Österreich mit ähnlichen Vorfällen. „Wir gehen davon aus, dass das Phänomen bleiben wird“, zeigen sich die DSN-Ermittler wenig optimistisch. Auch aktuell gebe es fast jeden Tag eine Bombendrohung.
Freundschaften gab es in Chatgruppen keine
Wer übrigens denkt, dass die Szene der Bombendroher untereinander befreundet ist, der irrt. Man beobachtete bei den Ermittlungen, dass die Täter zwar permanent auf verschiedenen Kanälen kommunizierten und ihre „Erfolge“ teilten und feierten. Untereinander kannten sich die Männer und Burschen jedoch nicht. Ganz im Gegenteil: Sie gönnten sich auch nichts und versuchten, sich gegenseitig mit sensiblen Daten zu erpressen. Was alle sieben Verdächtigen eint: ihr technisches Wissen, vor allem in Sachen Anonymisierung und der Verwischung von Spuren.
Beamte aus Österreich waren beteiligt
In einer gemeinsamen Aktion griffen die deutschen Behörden im September und vergangenen Dienstag in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen sowie in Sachsen-Anhalt zu – auch Beamte aus Österreich waren an den Razzien beteiligt. Sieben Personen wurden ausgeforscht, Computer und Handys sichergestellt.
Welche Strafen ihnen nun drohen, müssen die deutschen Strafverfolgungsbehörden entscheiden, da die Straftaten selbst auf deutschem Staatsgebiet stattgefunden haben. Es sei jedoch keinesfalls ein „Kavaliersdelikt“, wie Bundeskriminalamts-Vize Paul Marouschek betonte.

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