Skurrile Illusion

Hirn ausgetrickst: Hand fühlt sich wie Marmor an

Wissenschaft
14.03.2014 12:08
Dass unsere eigene Körperwahrnehmung nicht immer selbstverständlich geschweige denn richtig ist, haben deutsche Neurowissenschaftler nun mit einem einfachen wie verblüffenden Experiment bewiesen. Die Entdeckung dieser Körperillusion zeigt, wie das menschliche Gehirn seine Annahmen darüber ändert, aus welchem Material der Körper besteht.

Neurowissenschaftlerin Irene Senna von der Universität im deutschen Bielefeld hat die Illusion zusammen mit Kollegen nun eindrucksvoll demonstriert. Für ihr Experiment baten die Forscher Freiwillige, ihre Hände vor sich auf einem Tisch zu platzieren. Dann klopften die Forscher mit einem kleinen Hammer sanft auf die rechte Hand. Die Versuchspersonen hörten allerdings nicht das natürliche Geräusch davon, wie der Hammer auf die Haut trifft, sondern ihnen wurde über einen Kopfhörer zeitgleich mit jedem Klopfen das Geräusch eines Hammers, der auf Marmor prallt, vorgespielt.

Illusion verändert sogar Hautwiderstand
Innerhalb von nur wenigen Minuten fühlte sich die rechte Hand laut Aussagen der Versuchspersonen steifer, schwerer, härter, unempfindlicher und sogar unnatürlicher an, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal "PLOS One". Mittels aufgeklebten Elektroden, die den Hautwiderstand registrierten, untersuchte das Forscherteam zudem, ob sich dieser subjektive Eindruck auch objektiv messen lässt. Wie erwartet, änderte sich der Hautwiderstand tatsächlich in Abhängigkeit der Illusion.

"Unser Gehirn prüft fortwährend Sinneswahrnehmungen über unsere Umwelt und unseren Körper. Wie das Experiment zeigt, geht das so weit, dass das Gehirn auch permanent kontrolliert, aus welchem Material der Körper besteht – auch wenn das unnötig erscheint, denn schließlich ändert sich das Material normalerweise nicht", erläutert Senna. Der Grund liegt laut der Neurowissenschaftlerin darin, dass unser Gehirn parallel Informationen aus verschiedenen Sinnesorganen zusammenführt, um die Eigenschaften seiner Umgebung und seines Körpers einzuschätzen.

Sinneswahrnehmungen werden verschmolzen
Wird das Klopfen des Hammers (visueller Reiz) mit dem Geräusch eines auf Stein schlagenden Hammers (akustischer Reiz) kombiniert, passt das Gehirn die Wahrnehmung so an, dass beide Informationen miteinander harmonieren. Dadurch entsteht der Eindruck, die Hand bestünde aus Stein, auch wenn das allen Vorerfahrungen widerspricht. Diese Verschmelzung von Informationen aus unterschiedlichen Sinnesorganen wird von den Wissenschaftlern als "multisensorische Integration" bezeichnet.

"Unsere neu entdeckte Körperillusion – die Marmorhand-Illusion – beweist, dass das wahrgenommene Material unseres Körpers durch multisensorische Integration verändert werden kann", erläutert Senna. Eine weitere Erkenntnis sei, dass unser Gehirn dem eigenen Körper sogar Klänge von nichtbiologischen Materialien wie Marmor und Metall zuschreibt. "Diese überraschende Flexibilität unserer Wahrnehmung kann eventuell helfen, zu verstehen, warum Menschen, deren Körperteile durch Prothesen ersetzt wurden, diese trotz ihres künstlichen Materials als Teil ihres Körpers wahrnehmen", sagt die Forscherin.

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