Digitale Selbstbestimmung – klingt sperrig, ist aber eine Überlebensfrage für Europa. Derzeit kontrollieren die drei amerikanischen IT-Giganten Meta, Apple und Microsoft zwei Drittel des Marktes für Datenspeicherung, 80 Prozent der Technologie kommt von außerhalb der EU. Aus dieser Abhängigkeit will sich Europa nun befreien. Die „Krone“ war live bei den Verhandlungen dabei.
Österreich ist hier Vorreiter. Digitalisierungsstaatssekretär Alexander Pröll hat sich dem Thema digitale Souveränität angenommen und in Europa vorangetrieben. Nach mehreren Konferenzen, Arbeitstreffen und einem Gipfel in Wien wurde am Dienstag in Berlin eine Deklaration von allen 27 EU-Ländern unterzeichnet. Rumänien und Frankreich haben in letzte Sekunde vor Ort unterzeichnet. Ein Erfolg für Österreich!
„Alle haben die Wichtigkeit verstanden. Nun haben wir ein gemeinsames Ziel und haben den Weg dorthin festgelegt. Denn digitale Souveränität ist Sicherheitspolitik, Innovationspolitik und Demokratiepolitik zugleich. Wir müssen jetzt vom Reden ins Handeln kommen — entschlossen, national und europäisch und mit klarem Ziel: Europa digital selbstbestimmt zu machen“, so Pröll im Gespräch mit der „Krone“ in Berlin.
Politische Übereinkommen für europäischen Befreiungsschlag
Kernaussage und Ziel der Erklärung ist es, dass die Mitgliedstaaten ihre digitale Infrastruktur, Daten und Technologien selbst regulieren. Einzelpersonen, Unternehmen und Institutionen in Europa sollen in der digitalen Welt unabhängig handeln und autonome Entscheidungen treffen können, ohne von externen Akteuren abhängig zu sein.
Europa stehe vor großen Herausforderungen. Unsere Infrastrukturplattformen werden zunehmend von nicht-europäischen Akteuren kontrolliert, sagt Martin Hullin von der Bertelsmann Stiftung im „Ö1“-Radio. Diese Abhängigkeit werde durch geopolitische Spannungen noch verschärft. „Da sehen wir zum einen den Kontext der USA-China-Rivalität und auch an ganz konkreten Beispielen, als etwa die USA die Unterstützung der Ukraine zurückgezogen haben und es plötzlich keine Satellitenbilder mehr auf privaten Anwendungen verfügbar waren für ukrainische Nutzer.“ Auch demokratiepolitisch spiele das alles eine große Rolle, denn digitale Plattformen kontrollieren unseren Informationsfluss.
„Kurzfristig müssen wir unsere kritische Infrastruktur sichern, also eigene Cloud-Lösungen und Dateninfrastrukturen aufbauen, um diese Abhängigkeit gerade an neuralgischen Punkten, wie zum Beispiel Regierungsstrukturen, aber auch im Verteidigungsbereich, möglichst zu verringern“, so Hullin. Die aktuelle Abhängigkeit und damit zu einem gewissen Grad auch Erpressbarkeit Europas müsse vermindert werden.
Digitale Selbstbestimmung ist notwendig, um die Sicherheit zu gewähren, die Verbreitung von Desinformation zu verhindern und die Wirtschaft zu schützen. Die EU-Staaten bekennen sich in der gemeinsamen Erklärung dazu, entsprechende Investitionen zu machen und bei öffentlichen Beschaffungen europäische Anbieter zu bevorzugen. Zudem soll der Ausbau europäischer Kapazitäten in KI, Daten, Cloud und Raumfahrt vorangetrieben werden.
Der Gipfel in Berlin erfolgt auf Einladung des deutschen Kanzlers Friedrich Merz, Stargast ist der französische Präsident Emmanuel Macron. Der deutsche Digitalisierungsminister Karsten Wildberger betonte in seiner Eröffnungsrede, dass die Erlangung der digitalen Souveränität höchste Priorität habe. Europa müsse von der Rolle als Käufer und Konsument von IT, zum Hersteller und Anbieter werden. „Wir müssen die Kontrolle zurückerlangen.“ Europa sei schließlich mit 450 Millionen Bürgern der größte Binnenmarkt der Welt. Aber es gehe nicht nur um die Sicherheit am Handy, sondern um den gesamten Staat.
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