Tourismusmagnet

Österreich sorgt für Sensationen in der Türkei

Wissenschaft
16.10.2025 12:31

Ephesos ist mit vier Millionen Touristen die meistbesuchte antike Stätte der Türkei: Sie bietet eine beeindruckende Zeitreise von der Antike bis ins frühe Christentum. Seit 130 Jahren bringen österreichische Archäologen Licht ins Dunkel der Geschichte. Darunter befanden sich bereits unzählige Sensationsfunde. 

Der Muezzin ruft früh am Morgen zum Gebet, jetzt ist es auch für das Archäologenteam der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) Zeit zum Aufstehen. Nach dem Frühstück geht es raus zu den antiken Stätten von Ephesos (türk. Efes) an der türkischen Ägäisküste.

Gigantisches Depot
Seit 130 Jahren graben im heutigen Selcuk österreichische und internationale Archäologen, wo die ÖAW ein Grabungshaus mit einem gigantischen Depot beherbergt, wobei die „schönen“ Exemplare ins türkische Museum wandern.

Archäozoologe Afred Galik hat einen Knochenjob. Dieses Gebein stammt von einem Kamel.
Archäozoologe Afred Galik hat einen Knochenjob. Dieses Gebein stammt von einem Kamel.(Bild: Martina Münzer)
Die „Krone“ bekam Einblicke in die Arbeit der Archäologen
Die „Krone“ bekam Einblicke in die Arbeit der Archäologen(Bild: ÖAW-ÖAI/Steskal Martin)
Keramikexpertin Alice Waldner
Keramikexpertin Alice Waldner(Bild: Martina Münzer)
Die spekatulären Restaurierungsarbeiten an der Cellcusbibliothek
Die spekatulären Restaurierungsarbeiten an der Cellcusbibliothek(Bild: ÖAW--ÖAI)
Mit dem restaurierten Hadrianstempel haben österreichische Archäologen den Grundstein für den ...
Mit dem restaurierten Hadrianstempel haben österreichische Archäologen den Grundstein für den Tourismusmagneten gelegt.(Bild: ÖAW--ÖAI)

Etliche Sensationen
Im Laufe der Zeit kamen schon etliche Sensationen zum Vorschein, wie die berühmte Celsusbibliothek, die Überreste des Artemistempels, eines der sieben antiken Weltwunder, ein byzantinisches Geschäftsviertel, das lang gesuchte dritte Stadttor oder das Sarapis, ein Tempel mit 40 Tonnen schweren Säulen, die in einem Stück aus einem Steinbruch am Marmarameer gehauen wurden.

Hier liegen 9000 Jahre Menschheitsgeschichte, beginnend mit den ersten neolithischen Bauern. Um 1000 v. Chr. siedelten sich griechisch sprechende Menschen in dem fruchtbaren Gebiet an. Damals lag Ephesos noch am Meer, entwickelte sich rasch zum bedeutenden Hafen im östlichen Mittelmeer. „Ephesos ist eine Stadt, die nie von einer modernen Stadt überlagert war“, erklärt Grabungsleiter Martin Steskal, warum der Ort für die Wissenschaft weltweit so interessant ist.

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Ephesos ist eine Stadt, die nie von einer modernen Stadt überlagert war.

Grabungsleiter Martin Steskal

Tödliche Infektionen
Unter den Römern war es die Hauptstadt der Provinz Asia. Die Zahl der Einwohner wird auf 200.000 geschätzt, eine pulsierende Stadt aus Marmor, die von nahen Steinbrüchen stammt. Doch die Lebenserwartung war nur  etwa halb so hoch wie heute. Für uns mittlerweile harmlose Infektionen waren häufig tödlich. „Penicillin war noch nicht entdeckt, auch Impfungen gab es keine. Die Hälfte der Kinder verstarb nach dem Abstillen, das um den 2. Geburtstag erfolgte“, so Steskal.

Die Epheser verstanden es, sich geschickt auf die richtige Seite zu schlagen. Die Römer bauten die Fernwasserleitungen aus. Besonders beliebt waren die  Gladiatorenkämpfe, es gab schon eigene Fanklubs.

Von Kleinasien zum Magdalensberg
Die pulsierende Metropole exportierte vor allem Olivenöl, Wein und Keramik. So ist eine schwarze Servierplatte am Magdalensberg in Kärnten (Noricum) aufgetaucht. Die moderne Archäologie präsentiert sich als Schnittpunkt von Geistes- und Naturwissenschaften. Archäozoologe Alfred Galik etwa hat sämtliche Flossentiere vom nahen Fischmarkt durchgekostet, denn die Gräten dienen ihm unter anderem zur Bestimmung neuer Funde genauso wie das gigantische Knochenlager im Depot des Grabungshauses.

Andere Kollegen analysieren gefundene Metalle, entschlüsseln Inschriften und Graffiti. So gelangten Preise für Nahrung, Thermeneintritte und sogar für eine Prostituierte ans Tageslicht.

Eines der sieben Weltwunder
Der imposante Artemis-Tempel in Ephesos zählte zu den sieben Weltwundern der Antike. Die Engländer starteten im 19. Jahrhundert mit Grabungsarbeiten, die Österreicher setzten sie fort, mit Erfolg. Die mythischen Amazonen gelten als Gründerinnen des Kults um die Fruchtbarkeitsgöttin in Ephesos.

Ein einheimischer Helfer zeigt stolz seinen Pflanzenfund im Schlamm.
Ein einheimischer Helfer zeigt stolz seinen Pflanzenfund im Schlamm.(Bild: Martina Münzer)
(Bild: Martina Münzer)
Viele Brüste zieren die Statue der Artemis Ephesia, die aus dem „Rathaus“der antiken Stadt ...
Viele Brüste zieren die Statue der Artemis Ephesia, die aus dem „Rathaus“der antiken Stadt stammt, ist heute im Museum von Selcuk zu bestaunen.(Bild: ÖAW-ÖAI/Niki Gail)

Viel davon ist für den Laien heute nicht mehr zu sehen. Doch für die Forscher bleibt die einstige Kultstätte eine Schatzkiste. Erde wird gesiebt, viel Schlamm gefiltert. Brandspuren an Marmorresten sind stumme Zeugen eines großen Feuers, das jenen Artemistempel zerstörte, für den auch der lydische König Krösus einige Säulen spendete. Knochen von Opfertieren wie Ziegen, Schafe, Ferkel, Pflanzenreste sowie Schmuck kommen zum Vorschein. Stolz präsentiert ein Arbeiter ein Weizenkorn dem Archäologen Michael Kerschner.

Der Siegeszug des Christentums
Der Apostel Paulus zog sich noch den Unmut der Devotionalienhändler zu, die um ihr Geschäft mit dem Artemis-Kult bangten. Das Christentum war nicht zu stoppen. Im 4. Jahrhundert entstand über dem Grab des Evangelisten Johannes eine Kirche. Für deren Bau wurden Steine des zerstörten Tempels verwendet. Der Pilgertourismus florierte. Staub, der bei der Grabstätte aufgewirbelt wurde, kam für Heilzwecke in Tonfläschchen. Eine Legende besagt, dass Maria ihre letzten Lebensjahre in Ephesos verbracht hat, wohin sie mit Jesus Lieblingsapostel Johannes vor Christenverfolgungen aus Jerusalem geflüchtet sei.

Das Haus der Mutter Maria
Der Legende nach brachte der Apostel Johannes Maria nach der Kreuzigung Jesu Christi in Jerusalem nach Ephesos. Das Haus der Maria ist heute Wahlfahrtsort für Christen und Muslime. Maria (Maryam) wird im Koran namentlich als Mutter von Isa (Jesus) erwähnt. Er gilt im Islam als einer der großen Propheten Gottes, aber nicht als Sohn Gottes. 

Restaurierung der prächtigen Hanghäuser
Restaurierung der prächtigen Hanghäuser(Bild: ÖAW-ÖAI/N. Gail)
Das Haus der Mutter Maria
Das Haus der Mutter Maria(Bild: AndreasPülz)
Die Überreste der Johannes Basilika
Die Überreste der Johannes Basilika(Bild: Martina Münzer)

Neben der Basisfinanzierung durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften ermöglichen auch private Sponsoren aus Österreich und der Türkei die Grabungsarbeiten, für die Österreichs Wissenschaftler weltweites Ansehen genießen. 

Frauen von Ephesos
Übrigens hatten die Frauen von Ephesos eine für die Antike ungewöhnlich starke Stellung inne, sie setzten ihr Vermögen für den Bau von Tempeln und Brunnen ein. Und im modernen Selcuk hat heute eine Bürgermeisterin das Sagen ...

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