Sie wollten trotz mieser Wettervorhersage von Ehrwald in Tirol auf die Zugspitze (2962 Meter), Deutschlands höchsten Berg. 400 Meter unter dem Gipfel mussten sie im Schneesturm aufgeben. Die Bergrettung Ehrwald rettete am Sonntag fünf Alpinisten in einem fordernden Einsatz.
Dem Kalender nach hat der Herbst gerade einmal begonnen. Dass derzeit in Tirol in Regionen schon unter 2000 Meter Schnee und Eis liegt, hatten die fünf Alpinisten aus Tschechien wohl nicht auf dem Tourenplan.
In zwei Gruppen unterwegs
In zwei – unabhängigen – Gruppen waren die vier Männer und eine Frau am Sonntagmorgen von Ehrwald Richtung Zugspitze gestartet. „Es hat im Tal geregnet, weiter oben schneite es, dazu kam Eis in der Route“, weiß Robin Lutnig von der Bergrettung Ehrwald. „Diese Tour sollte man bei solchen Bedingungen nicht unternehmen“, betont er. „Auf jeden Fall gilt es, die Verhältnisse während des Zustiegs laufend zu evaluieren und entsprechende Schritte zu setzen.“
Das tat das Quintett offenbar nicht und wagte trotz der Bedingungen den Zustieg über die sogenannte Stopselzieherroute, eine Art Klettersteig – ohne Steigeisen. „Das ist bei solchen Verhältnissen wie Schlittschuhlaufen am Berg“, zieht der Bergretter einen Vergleich. Je weiter die fünf nach oben stiegen, desto heikler wurden die Witterungsverhältnisse. Es gab Sturmböen mit bis zu 80 km/h, die Temperaturen lagen bei minus sieben Grad.
Das ist bei solchen Verhältnissen wie Schlittschuhlaufen am Berg.
Robin Lutnig, Bergrettung Ehrwald
Bild: privat
Der sogenannte Windchill, der Unterschied zwischen der gemessenen Lufttemperatur und der gefühlten Temperatur in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit, verschärfte die Situation dramatisch. So waren die Alpinisten gefühlt bis zu 20 Minusgraden ausgesetzt.
Endstation im eisigen Fels
Es kam, wie es kommen musste: Auf rund 2500 Meter hieß es Endstation für die beiden Gruppen. Dies auch deshalb, weil sie ohne Steigeisen unterwegs waren – lebensgefährlich im eisigen Fels. Gegen 14 Uhr schlugen sie gemeinsam Alarm.
Abstieg zu den Tschechen
Sechs Mann der Bergrettung Ehrwald mit Einsatzleiter Maximilian Rothleitner fuhren daraufhin mit der Tiroler Zugspitzbahn zum Gipfel. In einem fordernden Abstieg bei widrigsten Verhältnissen kämpften sich die Bergretter zu den fünf Alpinisten hinunter. Gegen 15.30 Uhr trafen sie bei den Gestrandeten ein. „Sie hatten schon längere Zeit in ihrer misslichen Lage ausgeharrt und waren bereits leicht unterkühlt“, sagt Robin Lutnig. Die Einsatzkräfte versorgten die für die Verhältnisse nicht optimal bekleideten Alpinisten, die sich in speziellen Zelten wärmen konnten.
Wärmezelte aufgebaut
Dann seilten die Bergretter die Gestrandeten an und führten sie rund 600 Höhenmeter durch verschneite und vereiste Felsen zur Zweier-Stütze der Zugspitzbahn nach unten. Zweimal wurden Zwischenstopps eingelegt, bei denen sich die Bergsteiger wieder in den Zelten wärmen konnten. Dabei halfen auch die Lermooser Bergretter mit.
Aufstieg auf die Zweier-Stütze
Dann wurde es noch einmal richtig „spannend“. Aus Zeitgründen stiegen die Einsatzkräfte mit den Tschechen über eine Leiter die schräge, rund 40 Meter hohe Stütze hinauf. Oben wartete bereits eine Gondel der Zugspitzbahn, die gegen 19.30 Uhr alle sicher ins Tal brachte. Die Bergsteiger blieben unverletzt und konnten selbst die Heimreise antreten. Für die insgesamt elf Bergretter war um 20 Uhr „Feierabend“.
Extraschicht der Zugspitzbahn
„Die Tiroler Zugspitzbahn und deren Mitarbeiter haben eine Extraschicht für die Rettungsaktion eingelegt“, bedankt sich Lutnig. „Ohne diese Unterstützung wären solche Einsätze nicht möglich.“
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