Komplexe Ursachen

Kaffee und Kakao bald so teuer wie Champagner?

Wirtschaft
02.10.2025 05:00

Der Duft frisch gebrühten Kaffees gehört für viele Menschen zum Alltag – doch die Tasse am Morgen oder im Café könnte bald deutlich teurer werden. Seit Monaten beobachten Händler, Röstereien und Konsumenten einen anhaltenden Preisanstieg bei Kaffee und zunehmend auch bei Kakao. Die Ursachen sind komplex.

Der Klimawandel verändert die Spielregeln in der weltweiten Kaffeeproduktion grundlegend. Steigende Temperaturen, unregelmäßige Niederschläge und Wetterextreme wie Dürre oder Frost setzen insbesondere der empfindlichen Arabica-Bohne zu, die bislang als Qualitätsmaßstab galt. „Im wichtigen Kaffeeland Brasilien war der September ungewöhnlich trocken, im August kam es zu Frost“, erklärt Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich. „Das könnte die Ernte negativ beeinflussen. Dazu kommen geopolitische Unsicherheiten wie US-Zölle und die bevorstehende EU-Entwaldungsverordnung, die viele Unternehmen veranlasst, ihre Lagerbestände frühzeitig aufzustocken. All das führt aus heutiger Sicht zu einem Preisdruck weiter nach oben.“

Sorte Robusta ist klimaresistenter
Die klimatischen Veränderungen begünstigen dagegen zunehmend den Anbau von Robusta-Kaffee. Diese Sorte gilt als deutlich widerstandsfähiger gegenüber Hitze, Krankheiten und Schädlingen. „Klimabedingt hat in Zukunft der Robusta eindeutig die besseren Karten“, so Kirner weiter. „Er wächst mittlerweile in Höhenlagen, in denen früher nur Arabica gedeihen konnte. Langfristig wird sich der Anbau verschieben, und der Druck auf Arabica-Produzenten, ihre Erntemengen zu halten, wird weiter steigen.“

Kaffeebohnen trocknen in der Sonne.
Kaffeebohnen trocknen in der Sonne.(Bild: doux)

Neben dem Klima kommt eine weitere Variable ins Spiel: die ab Ende des Jahres gültige EU-Entwaldungsverordnung. Sie verpflichtet Unternehmen, nachzuweisen, dass ihre Produkte nicht mit Abholzung in Verbindung stehen. Für viele Kaffeeproduzenten bedeutet das zusätzlichen Aufwand – allerdings nicht unbedingt dort, wo man es vermuten würde. „Das Nadelöhr sind nicht die Bauern vor Ort“, betont Kirner. „Die Datenerfassung über GPS und Software funktioniert mittlerweile gut. Die Herausforderung liegt vielmehr in der technischen Umsetzung: Welche Datenbank wird verwendet, in welchem Format werden die Daten übermittelt? Hier ist die EU gefordert, praxistaugliche Lösungen zu bieten.“

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Der Druck auf Arabica-Produzent:innen wird steigen, ihre Erntemengen auch in Zukunft zu erreichen. Klimaanpassungsmaßnahmen werden immer wichtiger. Fairtrade unterstützt die Produzentenorganisationen aber dabei.

Hartwig Kirner

Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich

Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch beim Kakao beobachten. Auch hier führen Wetterextreme, Schädlingsbefall und Krankheiten zu sinkenden Erträgen, während die Nachfrage stabil bleibt oder sogar steigt. Besonders stark betroffen ist Westafrika, das rund 70 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion stellt. Langanhaltende Trockenperioden und neue Pilzerkrankungen setzen den Plantagen zu. Für Konsumenten bedeutet das ebenfalls steigende Preise bei Schokolade und kakaohaltigen Produkten. Gleichzeitig sorgt die wachsende Nachfrage aus Asien und den Schwellenländern für zusätzlichen Druck auf den Weltmarkt.

„Kaffee- und Kakaobauern weltweit leben mit sich ändernden Regulierungen“, sagt Kirner. „Unser Ansatz ist es, pragmatisch mit neuen Herausforderungen umzugehen und die Organisationen dabei zu unterstützen – immer mit dem Ziel, ein existenzsicherndes Einkommen zu ermöglichen und gleichzeitig unsere Umwelt zu bewahren.“

Die Entwicklungen auf dem Weltmarkt zeigen deutlich: Kaffee – und zunehmend auch Kakao – wird kein beliebig günstiges Alltagsprodukt mehr sein.

Interview
„Schokolade war viel zu billig“

Die Kakaopreise haben ein historisches Hoch erreicht – und das spürt auch Franz Berger, Inhaber der Salzburger Confiserie Berger. Trotz verdoppelter Einkaufskosten bleibt er seinem Anspruch an Bio-Qualität, Fairtrade und nachhaltige Lieferketten treu.

„Krone“: Herr Berger, die Preise für Kakao befinden sich auf einem historischen Höchststand. Wie stark spüren Sie diese Entwicklung in Ihrem Unternehmen?
Franz Berger: Aktuell bewegen wir uns bei etwa 7000 US-Dollar pro Tonne Kakao. Der Preis hat sich auf diesem hohen Niveau eingependelt. Für uns bedeutet das, dass sich die Einkaufspreise innerhalb eines Jahres verdoppelt haben. Sie sind jetzt zwar stabil, aber eben auf einem sehr hohen Niveau, und derzeit ist kein Rückgang der Preise zu erwarten.

Worauf achten Sie beim Einkauf?
Für uns ist es sehr wichtig, dass alles stimmig ist. Wir sind Bio- und Fairtrade-zertifiziert, daher achten wir stark darauf, dass es auch unseren Partner:innen im Ursprung gut geht. Die gesamte Wertschöpfungskette muss fair und nachhaltig gestaltet sein, sonst funktioniert es nicht. Wir finden es zudem richtig, dass die Preise gestiegen sind, weil Kakao im Ursprung zuvor viel zu billig war. Das hebt auch den Status von Schokolade wieder stärker in Richtung Luxusprodukt. Während andere Produzenten den Kakaoanteil in ihren Rezepturen reduzieren, setzen wir konsequent auf Qualität. Würden wir hier sparen, wäre das der falsche Schritt. Wir haben außerdem sehr gute Beziehungen zu den Anbaugebieten in Madagaskar und in der Dominikanischen Republik. Dort unterstützen wir zahlreiche soziale Projekte - von Krankenversicherungen mit digitaler Abrechnung per Handy bis hin zu so alltäglichen Dingen wie Stromversorgung.

Franz Berger reist selbst zu Kakaobauern und schaut sich die Lage vor Ort an.
Franz Berger reist selbst zu Kakaobauern und schaut sich die Lage vor Ort an.(Bild: Franz Berger)

Lesen Sie sich auch in das Thema Entwaldung ein?
Ja, das ist ein großes Thema. Wir sind durch unsere Zertifizierungen sehr gut vorbereitet, und bei unseren Kooperativen passt alles. Zu Beginn gab es etwas Unsicherheit, weil nicht klar war, wie die Vorgaben umgesetzt werden müssen. Inzwischen sind wir aber sehr gut aufgestellt und verfügen über alle relevanten Daten.

Es gibt Start-ups, die Kakao im Bioreaktor produzieren wollen. Könnten solche Innovationen für die Schokoladenbranche ein Ausweg sein - oder widerspricht das Ihrer Vorstellung von echter Schokolade?
Ich setze mich durchaus mit solchen Entwicklungen auseinander. Für uns macht das jedoch wenig Sinn. Unsere Kund:innen schätzen hochwertige Schokolade. Sie möchten echten Genuss erleben, der nachhaltig ist. Bio-Qualität ist uns sehr wichtig, und wir erhalten oft positives Feedback unserer Kund:innen.

Welche Rolle spielt für Sie die Sensibilisierung der Konsument:innen?
Wir schulen unsere Mitarbeiter:innen in den Filialen gezielt, damit dieses Thema in der Kommunikation ein fester Bestandteil ist. Vielen Konsument:innen ist die Situation in den Ursprungsländern nicht bewusst, deshalb ist die Sensibilisierung ein wichtiger Punkt unserer Arbeit. Aufgeklärte Kunden wollen genau über die Herkunft der Rohstoffe, sowie die Verarbeitung Bescheid wissen.

Wenn Sie in die Zukunft blicken – glauben Sie, dass Kakao in 20 Jahren ein Luxusprodukt sein wird?
Ja, davon gehe ich aus. Vor allem die Klimaveränderungen und die steigende Nachfrage sind die wesentlichen Gründe für die steigenden Preise. Wetterextreme nehmen zu, und das Angebot an Kakao wird in den kommenden Jahren eher zurückgehen. Auch wenn Kakao knapper und wertvoller wird, eröffnet genau das die Chance, Schokolade noch bewusster, nachhaltiger und mit größerer Wertschätzung zu genießen.

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