Die heimische UNO-Delegation rundum Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat in New York deutliche Kritik an Russland und den USA geübt. Spalterische Politik würde die eigenen Stärken häufig in Vergessenheit geraten lassen. Deshalb wolle Österreich künftig eine aktivere Rolle auf der Weltbühne einnehmen.
Van der Bellen nutzte eine gemeinsame Pressekonferenz am Mittwoch in New York anlässlich der UNO-Generalversammlung dafür, eine Lanze für den Multilateralismus zu brechen. Zu schnell würde in Krisenzeiten der Fokus auf Alleingänger gelegt werden. „Partner, auf die jahrzehntelang Verlass war, verhalten sich unberechenbar“, mahnte der Bundespräsident – ohne US-Präsident Trump beim Namen zu nennen.
Die Vereinten Nationen seien zum 80. Jahrestag ihres Bestehens zwar global mit Umbrüchen konfrontiert, doch brauche es gerade wegen zahlreicher Krisenherde weiter „offene Gesprächskanäle“, so der Tenor.
Kritik an Trumps Handelspolitik
Zölle würden das genaue Gegenteil bewirken. Sie „bremsen“. Freihandel hingegen – versehen mit ökologischen und sozialen Leitplanken – würde Fortschritt beschleunigen, Wohlstand vermehren und Arbeitsplätze sichern. Das gelte für Europäer, aber auch für US-Amerikaner, so Van der Bellen. „Die Unsicherheit, die durch unberechenbare Handelspolitik und Zölle entsteht, ist Gift für unsere Weltwirtschaft.“
Hier müsse Europa mehr Mut beweisen, das hätte nicht zuletzt der russische Angriffskrieg schmerzvoll unter Beweis gestellt. Mehr als 450 Millionen Menschen würden die EU ihre Heimat nennen. „Wir sind ein starkes Bündnis, wenn wir Einigkeit beweisen. Egal, welche Gefahr vor der Haustüre steht.“
Dann nahm der Bundespräsident den Kremlchef ins Visier. Russland wiederum sei zwar flächenmäßig riesengroß, verfüge aber nur über rund 150 Millionen Einwohner und eine nicht zuletzt wegen der wegen des Kriegs verhängten Sanktionen schwächelnde Wirtschaft.
Wovor fürchten wir uns?

Van der Bellen
Bild: APA/CHRISTOPHER DUNKER
„Russland hat ein Bruttoinlandsprodukt, das zwischen Spanien und Italien liegt“, führte Van der Bellen an. „Wovor fürchten wir uns?“ Das Budget der EU sei inklusive des Vereinigten Königreichs rund zehnmal so groß. Fazit: „Ich wünsche mir ein einiges und selbstbewusstes Europa.“
Österreich bewirbt sich für Sicherheitsrat
Zu diesem Selbstverständnis soll Österreich tatkräftig beitragen – vor allem unter dem „gemeinsamen Dach“ der Vereinten Nationen. „Deswegen bewerben wir uns für einen nicht ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die Periode 2027 und 2028.“ Van der Bellen sei davon überzeugt, „dass wir eine Stimme für die vielen kleinen Staaten sein können“. Österreich glaube an Dialog und wolle etwas „bewirken“.
Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) verwies darauf, dass die Weltgemeinschaft in New York in „herausfordernden Zeiten“ zusammengekommen sei. Abgesehen von Konflikten wie jenen in der Ukraine oder in Nahost und weiteren Krisenherden, habe es in den vergangenen Jahren auch Rückschritte in den Bereichen „Rechtsstaatlichkeit“ oder „Demokratie“ gegeben. Es mache mitunter den Eindruck, dass die Vereinten Nationen gescheitert seien und ihren Zenit erreicht oder überschritten hätten. Dagegen gelte es anzukämpfen.
„Wir müssen unsere Freiheiten verteidigen. Demokratien gehen dann unter, wenn sie von Demokraten nicht mehr verteidigt werden.“ Gerade deshalb gelte es aber, im Dialog zu bleiben, nannte Stocker China als Beispiel.
Auch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) führte an, dass die UNO spürbar unter Druck sei. Das liege aber nicht an den Vereinten Nationen als solche: „Namhafte Mitglieder treten die Werte und Rechtsnormen der UN mit Füßen“, erklärte Österreichs Chefdiplomatin in Anspielung auf Putin und Trump. Angesichts der weltweit hohen Zahl von gewalttätigen Konflikten, verstehe sie aber, dass sich sehr viele Menschen die Frage stellen, ob die UNO nicht nur „ein elitärer, abgehobener diplomatischer Quatschklub“ sei. Umso wichtiger sei es, konkrete Taten folgen zu lassen.
Treffen mit UNO-Chef Guterres
Der für die Bewerbung gewählte Slogan „Partnerschaft, Dialog, Vertrauen“, spiegle auch wider, welche Werte Österreich in den Vereinten Nationen vertreten würden, lobte Van der Bellen. „Wir sind hier keine Pariah.“ In weiterer Folge traf der Bundespräsident samt Bundeskanzler und Außenministerin am Mittwoch noch mit UNO-Generalsekretär António Guterres zusammen.
Die Sicherheitsratskandidatur war bei dem Meeting wohl auch ein Thema, nicht zuletzt, weil Guterres aus Portugal stammt. Das Land auf der Iberischen Halbinsel will ebenfalls 2027/28 in den Sicherheitsrat und ist neben Deutschland der dritte Konkurrent um die in dieser Bewerbungsgruppe zu vergebenden zwei Plätze im höchsten UNO-Gremium.
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