Seit der letzten Wahl

Sechs Vizes, eine neue Partei und das liebe Geld

Kärnten
25.09.2025 07:59

Klagenfurt blickt auf bewegte politische Zeiten zurück. Über allem schwebt die angespannte Finanzlage der Landeshauptstadt. In der Bürgermeisterfrage hält sich Christian Scheider trotzdem weiter an der Spitze. Politprofi Christoph Haselmayer analysiert.

Seit der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl vor viereinhalb Jahren gab es im Klagenfurter Rathaus ein reges Kommen und Gehen. So sind wir mit Ronald Rabitsch (SP) und Patrick Jonke (FSP) mittlerweile bei der jeweils dritten Inkarnation des ersten und zweiten Vizebürgermeisters angekommen.

Rabitsch hatte das Amt im Juni 2024 von Philipp Liesnig geerbt, dem eine Chat-Affäre zum Verhängnis wurde. Dieser hatte wiederum im Oktober 2021 von Jürgen Pfeiler übernommen. Und Jonke übernahm von Alexander Kastner, der davon wenig begeistert war und aus seiner damaligen Partei aus- und dem Team Kärnten beitrat. Sein Vorgänger, Alois Dolinar, musste im Februar 2024 wegen einer Wohnungsaffäre gehen. Die „Krone“ hatte genug zu berichten.

(Un)umstrittener Stadtchef & finanzielle Turbulenzen
Der einzige Fixstern am Klagenfurter Politikhimmel scheint Bürgermeister Christian Scheider selbst zu sein. 2009 schaffte er es erstmals an die Spitze, musste zwischen 2015 und 2021 als zweiter Vize und in weiterer Folge sogar „nur“ als Stadtrat unter Maria-Luise Mathiaschitz (SP) arbeiten, holte 2021 in der Stichwahl aber den Bürgermeistertitel zurück, während die Unterlegene an Liesnig übergab.

Weil sich seine persönliche Beliebtheit allerdings nicht ganz auf seine damalige Partei übertragen ließ, musste sich die Liste Scheider 2021 mit dem zweiten Platz zufriedengeben. Damit war Scheider auf Koalitionen im Gemeinderat angewiesen, teils als Juniorpartner. Und nach Streitereien mit dem „Team Kärnten“, erfolgte im Juli die Gründung einer eigenen Partei, der „Freien Sozialen Bürgerpartei“ (FSP).

(Bild: Krone KREATIV/Peter Just, zVg., Rojsek-Wiedergut Uta (2), Tratnik Marcel, Grüne Kärnten, Felix Justich)

Wohl auch diesem Wirbel verschuldet, mussten die Klagenfurter bis Mitte Juli warten, bis es einen Budgetvoranschlag für 2025 gab – bis dahin galt die Zwölftelregelung. Eine Maßnahme, für finanzielle Extremfälle.

Es wurde sogar ein Konsolidierungsbeirat unter der Leitung von Steuerberater Peter Pilz und Manager Harald Kogler eingerichtet, Expertisen von Fachleuten einbezogen. Fazit: Wenn keine strengen Sparmaßnahmen gesetzt werden, drohe vielleicht schon im ersten Quartal 2026 die Zahlungsunfähigkeit, auch vom Hallenbadbau wurde daher abgeraten. Trotzdem wurde dieses vergangene Woche beschlossen – und nur ÖVP, Grüne und NEOS stimmten dagegen.

So blickt die Landeshauptstadt wohl weiter in eine ungewisse Zukunft. Das sieht man auch bei unserer Leserbefragung – siehe Grafik (oben) und Analyse (unten).

Kommentar
Scheider führt – Stichwahl wird in der Mitte gewonnen

Christoph Haselmayer, Geschäftsführer des IFDD, dem Institut für Demoskopie und Datenanalyse, hat für die „Krone“ die Leserbefragung durchgeführt. Er analysiert die politische Lage in Klagenfurt.

Wenn Klagenfurt morgen neu wählt, geht der erste Blick zu Christian Scheider (FSP). Er führt, aber nur, solange das Gegenlager zersplittert bleibt. Seine Persönlichkeitswerte lagen stets deutlich über jener Partei, für die er antrat. Besonders bei älteren Wählern ist er beliebt. Hinter ihm formiert sich ein Dreikampf: Ronald Rabitsch (SP), Gernot Darmann (FP) und Julian Geier (VP) liegen annähernd auf Augenhöhe. Wer die Mitte erobert, diktiert die Stichwahl.

Christoph Haselmayer ist ein Kenner der Politik in Kärnten und Klagenfurt.
Christoph Haselmayer ist ein Kenner der Politik in Kärnten und Klagenfurt.(Bild: Jöchl Martin)

Die Neuwahlfrage spaltet die Stadt knapp: 47 % dafür, 52 % dagegen. Übersetzt: Wahlmüdigkeit ja, Zufriedenheit nein. Scheider profitiert vom Amtsbonus. Der ist aber kein Schutzschild. Amtsinhaber gewinnen nicht, weil sie Amtsinhaber sind, sondern weil sie in unsicheren Zeiten das geringere Risiko darstellen. Das kippt in dem Moment, in dem ein Herausforderer die Themenführerschaft übernimmt und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlt. Wer ihn schlagen will, muss Lager verbinden und ein glaubwürdiges Zukunftsangebot vorlegen, statt rote, blaue oder schwarze Milieus zu bedienen. Inhalte vor Inszenierung: Sicherheit im Alltag, leistbares Wohnen, solide Finanzen. Wer hier konkret liefert, gewinnt die Mitte – und das Rathaus. Fazit der Stunde: Vorteil Scheider.

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