Die Atlantikströmung, die das europäische Klima seit Jahrtausenden stabilisiert, steht möglicherweise kurz vor einem historischen Kollaps. Eine neue Studie zeigt nun, dass der Zusammenbruch der Atlantischen Meridionalen Umwälzströmung (AMOC) nicht mehr nur eine theoretische Option ist, sondern in den kommenden Jahrzehnten sogar unumkehrbar werden könnte.
Der auch als Golfstrom bekannte AMOC transportiert warmes Wasser aus den Tropen nach Norden und sorgt damit für milde Winter in Europa. Doch Klimaforscher rund um den Physiker Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung warnen nun eindringlich: Schmilzt in der Arktis mehr Eis, wird das Wasser frischer, leichter – und sinkt nicht mehr in die Tiefe. Damit droht die Maschine, die das Klima in Schwung hält, ins Stocken zu geraten.
„Ein Schock“ – Studie zeigt deutlich höheres Risiko
„Ich war schockiert, als ich diese Ergebnisse gesehen habe“, schrieb Rahmstorf auf X (vormals Twitter). Der Experte war maßgeblich an der neuen Untersuchung beteiligt, die jetzt im Fachmagazin „Environmental Research Letters“ erschienen ist.
Bisher galten die Chancen eines kompletten Kollapses noch als gering. Doch die neuen Modellrechnungen zeigen: Bei steigenden Emissionen bricht die Strömung in 70 Prozent der Simulationen zusammen. Selbst bei deutlich reduzierten Emissionen liegt die Wahrscheinlichkeit noch bei 25 Prozent. „Das ist viel höher als bisher gedacht“, so Rahmstorf.
Ein AMOC-Kollaps hätte dramatische Folgen:
West- und Nordeuropa drohen extrem kalte Winter und gleichzeitig heiße, trockene Sommer.
Millionen Menschen in tropischen Regionen könnten ihre Ernten verlieren, weil sich die Regenzonen verschieben.
Der Meeresspiegel würde um bis zu 50 Zentimeter zusätzlich steigen – mit fatalen Folgen für Küstenstädte.
Brisanter Kipppunkt steht bereits vor der Tür
Besonders alarmierend: Die Studie deutet darauf hin, dass der kritische Kipppunkt schon in zehn bis 20 Jahren überschritten werden könnte. Der eigentliche Kollaps könnte zwar erst Jahrzehnte später eintreten – wäre dann aber nicht mehr aufzuhalten.
Für Forscher ist klar: Die Zeit drängt
Auch andere Forscher zeigen sich besorgt: Sybren Drijfhout vom niederländischen Wetterinstitut erklärt gegenüber dem „Guardian“, dass die Beobachtungen im Nordatlantik bereits zu den Modell-Projektionen passten: „Das Risiko ist ernster, als viele glauben.“
Für die Wissenschaft ist klar: Nur eine drastische Reduktion von Treibhausgasen kann das Risiko minimieren. Selbst bei Einhaltung des Pariser Klimaabkommens bleibt die Gefahr bestehen – doch je höher die Emissionen, desto sicherer die Katastrophe.
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