Forscher verblüfft

Immer zahmer: Waschbären werden zu Haustieren

Ausland
14.11.2025 08:27

Der enge Kontakt zu Menschen hat Waschbären in Amerika sozusagen „verhaustierlicht“. Im Vergleich zu ihren Artgenossen macht sich das bei diesen Tieren etwa durch eine kürzere Schnauze bemerkbar – ein Zeichen der Domestikation.

Schon vor wahrscheinlich 35.000 Jahren sind die Wölfe zu den „besten Freunden der Menschen“ geworden. Die am wenigsten scheuen Exemplare streunten um menschliche Siedlungen und fraßen ihre Abfälle. Sie hatten immer weniger Angst vor den Menschen und kamen ihnen immer näher. So wie ihr Verhalten änderte sich auch das Aussehen: Ihre Schnauzen wurden kürzer, sie haben oft Schlappohren und geschecktes Fell.

Bei den Waschbären (Procyon lotor) passiert in Nordamerika nun Ähnliches. Viele von ihnen leben nahe von Menschen, zum Beispiel in städtischen Parks und bei Dörfern. Das ist für sie ein sehr attraktiver Lebensraum, denn dort kommen sie sehr leicht an weggeworfene Essensreste und werden nicht von großen Raubtieren bedroht, erklärt die österreichische Zoologin Raffaela Lesch, die am Department of Biology der University of Arkansas at Little Rock in den USA forscht, mit Kolleginnen und Kollegen im Fachjournal „Frontiers in Zoology“.

Die herzigen Vierbeiner suchen immer mehr die Nähe zu uns Menschen.
Die herzigen Vierbeiner suchen immer mehr die Nähe zu uns Menschen.(Bild: Evgenii Bakhchev - stock.adobe.com)

Essensreste locken Waschbären in menschliche Umgebung
„Zusammen mit einem 16-köpfigen Studentenforschungsteam haben wir über 19.000 Bilder von Waschbären durchkämmt, die Naturliebhaber online zur Verfügung gestellt hatten“, schildert sie: „Anschließend berechneten wir die Länge der Schnauzen im Verhältnis zum ganzen Kopf.“ Es zeigte sich, dass Waschbären, die in menschlichen Ballungsräumen leben, signifikant kürzere Schnauzen haben als ihre Artgenossen am Land. „Das deutet darauf hin, dass diese Tiere den Weg zur Domestikation eingeschlagen haben könnten“, so Lesch.

Für Angst und Knochenbildung wichtige Zellen bei Haustieren weniger
Die Verkürzung der Schnauzen ist so wie die anderen Domestikationszeichen, also Schlappohren, geschecktes Fell und gekringelte Schwänze, laut der gängigen wissenschaftlichen „Neuralleisten-Domestizierungssyndrom-Hypothese“ eine indirekte Folge der Selektion auf zahmes Verhalten mit verringertem Fluchtreflex. Neuralleisten-Zellen sind Vorläuferzellen im Embryo, aus denen unter anderem Zähne, Knochen und Knorpel entstehen, sowie Farbpigmente und Hormone, die für Angst und Aggression wichtig sind. Wenn sie weniger werden, werden die Tiere zahmer, und „nebenbei“ ihre Zähne und Knochen wie der Gesichtsschädel kürzer. Auch die Farbgebung ändert sich: Ihr Fell bekommt weiße Flecken.

Helle Flecken haben Waschbären ohnehin etwa im Gesicht, Knickohren konnten die Forscher auf den Bildern der urbanen Exemplare aber keine finden. „Das zeigt wahrscheinlich, dass sie sich noch in den Anfangsstadien dieses Domestikationsprozesses befinden“, führt die Zoologin aus.

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