Hypeband in Wien

Royel Otis: Zwischen Lebensfreude und Theatralik

Musik
15.11.2025 06:00

Innerhalb von nur zwei Jahren mutierten die Australier Royel Otis vom Indie-Hype zur allseits beliebten Alternative-Popband. Otis Pavlovic und Royel Madell lassen mit ihren eigenen Songs und Coverversionen keinen kalt. Heute Abend (15. November) konzertieren sie im Wiener Gasometer – im „Krone“-Talk gaben sie nähere Einblicke in ihre Band.

kmm

Selbst in einer Zeit der Casting-Bands und Social-Media-Stars gibt es noch Hypes, die sich zumindest zum Teil aus einer bodenständigen Art der musikalischen Verbindung zusammensetzen. Dazu gehört auch das australische Indie-Pop-Duo Royel Otis, das vor ziemlich genau einem Jahr zum Österreich-Debüt bereits die Wiener Arena füllte und nun den nächsten Schritt gen Gasometer macht – natürlich auch schon gut gefüllt. Otis Pavlovic und Royel Madell, die beiden Kumpels aus der Sydney-Underground-Rockszene, haben in den letzten beiden Jahren einen derart rasanten Karriere-Kickstart hingelegt, dass ihnen zuweilen selbst schwindlig wurde. So kollabierte Madell Mitte August beim Hamburger Dockville Festival. Offiziell wurde ein Virus verlautbart, angesichts des straffen Programms könnte theoretisch auch schlichtweg Überforderung dahinterstecken. Wer in zweieinhalb Jahren zwei Alben veröffentlicht und mehr als 200 Konzerte spielt, liegt jedenfalls nicht auf der faulen Haut.

Energie, Motivation, Strategie
„Das Programm ist wirklich nicht ohne“, erzählen die beiden der „Krone“ im Talk, „über Weihnachten letztes Jahr waren wir im australischen Sommer daheim, ansonsten ging es eigentlich unaufhaltsam weiter.“ Das hohe Tempo lässt sich freilich nur mit viel Motivation, Energie und den richtigen Strategien bewältigen. Im Bandcamp von Royel Otis bedeutet das, man wirft auf Tour gerne ein paar Basketballkörbe, dreht am Tablet die „Simpsons“ auf oder betätigt sich kreativ. Markant aufgefallen ist das Duo bereits im Sommer 2022 mit der sommerlichen Indie-Single „Oysters In My Pocket“, richtig durch die Decke ging man ein Jahr später aber mit einer Coverversion. Der 2000er-Superhit „Murder On The Dancefloor“ von Sophie Ellis-Bextor wurde von Royel Otis einer Generalüberholung unterzogen, der Hype um die Netflix-Produktion „Saltburn“ tat das Übrige und plötzlich waren Royel Otis allumfassende Indie-Darlings und Ellis-Bextor zelebrierte ein unerwartetes Comeback.

Mit dem Debütalbum „Pratts & Pain“ sackte das Duo 2024 zahlreiche Awards ein, kletterte weltweit die Charts hoch und füllte global amtliche Hallen. Umso wichtiger ist dabei nicht nur die freundschaftliche Nähe, sondern ein beständiges Team. „Nach außen hin mag sich bei uns extrem viel getan haben und wahrscheinlich ist das auch absolut korrekt, aber wir sind in der Crew noch immer dasselbe Team mit denselben Ansichten und Visionen.“ Nicht zuletzt diese personelle Beständigkeit gibt den zwei Durchstartern ein Gefühl von Sicherheit. Die Rollenaufteilung im Studio und auf der Bühne ist klar. Pavlovic ist der singende Sonnyboy mit Hang zur Fanbindung, Madell würgt die Gitarre und versteckt sich auf Fotos gerne hinter seinen an den späten Kurt Cobain erinnernden, rosaroten Haaren. Die Wichtigkeit der Image-Pflege haben die beiden schnell erkannt.

The Cure mit Sonne und Freude
Musikalisch ist man mit Vorliebe in der Vergangenheit verankert. 80er-Indie, die alte New-Wave-Schule und sonnendurchfluteter Pop vermengen sich passend mit Coming-Of-Age-Zitaten und zuweilen etwas schwerer Melancholie. Zu den größten Helden zählen für beide die britischen Kajal-Nachtgewächse The Cure, deren starkes Comeback-Album sie vor einem Jahr förmlich aufgesogen haben. „Allein ihre Intros sind auf dem Album bis zu drei Minuten lang, also fast so lang wie unsere Songs“, lacht Pavlovic, „dieses Album ist für uns wie eine Zeitreise ins Jahr 1989, auch wenn es uns damals noch gar nicht gab. Dieser instrumentale Aufbau und die sich langsam dazuschleichenden Vocals von Smith – das ist pure Genialität.“ Zu The Cure werden Royel Otis wohl nicht, dafür ist die Lebensfreude zu groß. Sehr wohl aber würde man gerne einmal ein zehnminütiges Song-Epos schreiben. „Vielleicht rutscht uns das mal aus dem Ärmel, wer weiß“.

Nicht einfach so rausgerutscht ist den beiden Freunden diesen Sommer das Zweitwerk „Hickey“, auf dem sich Royel Otis erweitert und gereift zeigen, die ungestüme Art des Debüts aber nicht verwaschen. Herzschmerz und Adoleszenz treffen auf sonore Hittauglichkeit. Der Erfolg war ihnen auch damit sicher, was wohl an der grundehrlichen Zugangsweise im Songwriting liegt. „Wir sind immer noch dabei, uns und unseren Sound zu finden. Im Großen und Ganzen stimmt die Richtung und wir wissen, wer wir sind und wo wir hinwollen, aber es ist ein ständiger work in progress.“ Aufgrund des stressigen Tourlebens ist „Hickey“ stark von den vielen Eindrücken rund um die Welt inspiriert. „Was wir gelernt haben ist, wie nett Menschen sind“, schwärmt Madell, „wir werden überall mit offenen Armen empfangen und haben uns nirgends unwohl gefühlt, wenn wir wo spielten.“ Ein gegenseitiges Aufreiben ist noch nicht spürbar. „Die Chemie stimmt. Wir tun aber auch alles dafür, dass es so bleibt, denn die Musik und das Projekt sind uns viel zu wichtig.“

Live im Wiener Gasometer
Royel Otis erleben gerade am eigenen Leib, wie zehrend und schwermütig die Musikindustrie sein kann. „Manchmal muss man einfach wie eine Ratte sein und sich durchnagen“, lacht Pavlovic, „natürlich fühlt man sich oft in die Ecke gedrängt und überfordert, aber wir haben ein großartiges Publikum, das uns durch die wenigen Täler trägt, die man im Laufe der Reise kreuzt.“ Wer modernen Rock’n’Roll mit Verletzlichkeit und fragilen Momenten erleben will, der ist bei Royel Otis jedenfalls goldrichtig. Heute Abend, am 15. November, ist das Duo samt Band live im Wiener Gasometer zu sehen. Unter www.oeticket.com und an der Abendkassa wird es voraussichtlich noch ein kleines Restkontingent an Karten geben. Hält der Karriereverlauf weiter so an, dann ist ein Stadthallenauftritt auch nicht unrealistisch …

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