Erschütternde Momente, unfassbare Tragödien: Im Zuge der Flüchtlingswelle 2015 kamen jeden Tag 5000 bis 20.000 Menschen über die Grenze nach Österreich. Hotspot war Nickelsdorf. Einen traurigen Höhepunkt erreichte die Massenflucht am Dienstag vor zehn Jahren.
Am Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung hatten skrupellose Schlepper an der serbisch-ungarischen Grenze 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder in einen luftdichten Kühl-Lkw zusammengepfercht. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion rollte der illegale Transport bis nach Österreich – und wurde in einer Pannenbucht der Ostautobahn bei Parndorf ohne Rücksicht auf die schrecklichen Folgen einfach abgestellt.
Jede Hilfe kam zu spät
Entdeckt wurde der zurückgelassene Laster, als es schon längst zu spät war. Am 27. August 2015 sind Beamte der Autobahnpolizei darauf aufmerksam geworden, während sie bei einem Einsatz auf der A4 daran vorbeifuhren. Nachdem die Polizisten ihre Amtshandlung abgeschlossen hatten, überprüften sie den verdächtigen Kühl-Lkw.
Schon auf dem Weg zur Pannenbucht befürchteten die Beamten das Schlimmste. Für die 71 Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und Iran gab es keine Rettung, sie waren bereits seit Stunden tot, wie die Ermittlungen später ergaben. Die Schlepper konnten bald danach festgenommen werden. 2019 fassten die vier Haupttäter in Ungarn lebenslange Haftstrafen aus.
„Memory Box“ kommt nach Schlaining
An die Opfer erinnert die Kunst-Installation „Memory Box 71“ des in Wien und Retz (NÖ) lebenden Künstlers Michael Kos. Das Mahnmal zeigt den Laderaum des Kühl-Lkw in Originalgröße mit nur 14 Quadratmetern und nennt die Vornamen aller Toten. Erstmals präsentiert wurde das aufrüttelnde Werk im Museum Moderner Kunst Kärnten 2020/2021, später war es im Kulturzentrum in Eisenstadt zu sehen. Jetzt hat die „Memory Box 71“ einen dauerhaften Platz auf Burg Schlaining.
Was hat die Politik daraus gelernt? „Die Flüchtlingstragödie ist ein Teil der burgenländischen Zeitgeschichte, die nie vergessen werden darf. In den darauffolgenden Jahren ist allerdings viel zu wenig passiert“, bedauert Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Kritik übt er vor allem an „einer laschen Asylpolitik“ infolge der Krise.
Neue Systematik gefordert
Man habe der Bevölkerung immer wieder einen Bären aufgebunden – weder die Balkan-Route noch andere wichtige Pfade des Flüchtlingszustroms seien jemals geschlossen gewesen. Doskozil fordert auf europäischer Ebene eine neue Verfahrenssystematik mit außereuropäischen Zentren und raschen Asylverfahren sowie einen effektiven Schutz der EU-Außengrenzen.
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