Belastende Stunden für einen trauernden Wiener. Seine tote Mutter sollte am Mittwoch von der Pathologie im UKH Meidling abgeholt werden, doch ihr Leichnam trug einen falschen Fußpass. Dem Bestatter fiel die Verwechslung jedoch in letzter Minute auf, die Ärzte waren sprachlos ...
„Ich war in einer emotionalen Zwickmühle. Ich wollte die Angehörigen nicht verärgern, aber auch keinen falschen Menschen begraben“, sagt Marijan Martinovic sichtlich aufgewühlt auf der Couch seines Bestattungsinstitutes in Wien-Hernals sitzend, wenn er erzählt, was sich tags zuvor abgespielt hat.
Er sollte die verstorbene Mutter eines Wieners aus der Pathologie holen, doch als er das Kühlfach öffnete und mit der verpflichtenden Identitätskontrolle begann, nahm der Wahnsinn seinen Lauf.
Armpass korrekt, Fußpass aus dem Nebenfach?
„Wir wussten sofort, dass hier etwas nicht stimmen kann“, sagt der 38-jährige Unternehmer. Denn die Tote hatte zwei unterschiedliche Identitäten, was selbst den anwesenden Pathologen sprachlos machte: Am Armpass stand der korrekte Name jener Verstorbenen, die abgeholt werden sollte. Am Fußpass aber ein anderer. Wie sich herausstellen sollte, war es der Name einer Toten im Nebenfach.
63-Jährige musste von Sohn identifiziert werden
Für den Sohn der 63-jährigen Toten begann ein Albtraum: Entgegen seinem ursprünglichen Wunsch, die eigene Mama würdevoll überführen zu lassen, musste er sie anhand von Fotos identifizieren.
„Ich musste den Mann sanft dazu drängen“, sagt der Bestatter. „Es war die Hölle. Auf dem Bild war die ungeschönte Wahrheit zu sehen. Normalerweise arbeiten wir mit Photoshop, wenn Angehörige letzte Bilder wollen.“
Doch die Identifizierung gelang erst im zweiten Anlauf. Stunden nach dem ersten Blick auf das verstörende Foto war sich der Sohn nicht mehr sicher – und so musste er persönlich den schweren Weg in die Pathologie antreten. Martinovic ist klar: „Es ist das Letzte, was Familienmitglieder wollen, einen Anruf vom Bestatter, der sagt: ,Ich bin mir nicht sicher, ob das ihre Mutter ist ...’“
Ich bin als Bestatter geschockt. Aber natürlich emotional nicht gebunden. Hier geht es um die Gefühle der Hinterbliebenen.
Marijan Martinovic, Bestattung Memoria
Für die Hinterbliebenen war es naturgemäß ein zutiefst schmerzhafter Moment. Schlimmer wäre es nur gewesen, wenn schlussendlich eine falsche Verstorbene übergeben worden wäre.
Gründliche Prüfung von Spitalsbetreiber angekündigt
Seitens der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) heißt es auf „Krone“-Anfrage: „Nach gründlicher interner Prüfung müssen wir mit Bedauern bestätigen, dass es tatsächlich zu einem Fehler gekommen ist. Das Versehen ist aufgrund engmaschiger Qualitätssicherungsmaßnahmen sowie standardisierter Verfahren äußerst unwahrscheinlich – dennoch ist es hier zu einem Fehler in einem äußerst sensiblen Bereich gekommen, der so nicht passieren darf. Wie genau es dazu kam, wird derzeit abteilungsübergreifend untersucht.“
Der Wiener Bestatter fühlt sich indes bestätigt: „Wir sehen es als unsere Pflicht, in jedem einzelnen Fall höchste Aufmerksamkeit walten zu lassen. Nur so konnte dieser Fehler überhaupt aufgedeckt werden.“
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