Drei Generationen, eine Woche lang verbunden durch die Freude am Musizieren: Die 20. Familienmusiktage machten diesen Sommer wieder im Campus Horn Station. Am 21. September gibt es einen musikalischen Nachschlag beim Jubiläumskonzert in Großrußbach.
Mit welchem Lied seid ihre heute aufgewacht?“, fragt Chorleiter Johannes Kerschner Ende der Woche beim Einsingen auf dem Sportplatz hinterm Haus. Das Echo ist fröhliches Stimmengewirr. Unter den Rufen sind alle Stücke, die in den vergangenen Tagen hier im Campus Horn gesungen worden sind. Das Volkslied „Franz, bleib da!“ ist ebenso dabei wie Brahms’ „O süßer Mai“ oder Abbas „Mamma Mia“.
70 Erwachsene und 70 Kinder jeden Alters summen, singen und klatschen sich in den sonnigen Tag. In den hinteren Reihen lugen Jugendliche hinter Sonnenbrillen hervor, ganz vorne klatschen die Jüngsten begeistert auf ihre Trommeln aus bemalten Tontöpfen. Einige Mütter lächeln tiefenentspannt – sie haben frühmorgens Yoga mit Blick auf den Stadtsee praktiziert.
Familienmusiktage, kurz Famuta, das heißt eine Woche Musik für die ganze Familie – vom Kleinkind bis zu den Großeltern. Nach dem gemeinsamen Start in den Tag geht es für die Kinder in die altersgerechten Gruppen. Bei den Kleinsten wird mehr gespielt und getanzt, bei den Volksschülern gebastelt, bei den Teenagern getextet und komponiert.
Jodler unter der Weide, Alte Musik in der Kapelle
Während die Kinder an ihren (geheimen!) Projekten für das Konzert am Freitag feilen, jodeln die Eltern in kleiner Runde unter der Weide im Garten, studieren im „Weitblick“ rhythmische Poparrangements ein oder singen abends in der hauseigenen Kapelle geistliche Renaissance-Werke. Musik gibt es bei den Famuta für jenen Geschmack – Chorerfahrung der Erwachsenen ist zumindest erwünscht. Erziehung außerhalb der Proben erfolgt mittels elterlicher Schwarmintelligenz, die eigenen Kinder sieht man nur aus der Ferne, fröhlich unter Gleichaltrigen. Manche Eltern sprechen gar von einer kinderfreien Woche.
„Es ist nicht schlimm, dass die Eltern auch da sind. Sie stören kaum,“ bringt eine Elfjährige die Kindersicht auf den Punkt. Frucade trinken, Schwimmen im Stadtsee und das abendliche Wehrwolf-Spielen sind da wesentlich wichtiger.
Musikpädagoge Johannes Kerschner leitet die Singwoche der Vokalakademie Niederösterreich, sucht mit seinem 15-köpfigen Team die Stücke aus, probt, dirigiert und schweißt die 140 Menschen hier in und mit Musik zusammen. Kerschner selbst ist seit 2007 dabei, erst als singender Vater und Referent, seit 2011 als künstlerischer Leiter. Seine Kinder sind mittlerweile erwachsen. Was ihn bei den Famuta hält? „Diese Energie, wenn so viele Menschen gemeinsam in eine andere Welt abtauchen – in die der Musik. Und zu sehen, wie die Musik auch die Kinder erfasst, die Kreativität in ihnen aufkeimt und ausbricht.“
Wenn der Kopf brummt vor zu vielen Noten!
Spätestens an Tag drei brummt im Campus Horn den Teilnehmern der Kopf – so viele neue Melodien und Rhythmen. Zu viele Noten! Bei Brahms wackelt es noch in den Mittelstimmen, bei der Alten Musik wird an der Dynamik gefeilt, der afrikanische Text sitzt noch nicht. Aber wichtiger ist etwas anderes: gemeinsam im Takt atmen, aufeinander hören, Rhythmen nicht nur zählen, sondern spüren. Der Zauber des Musizierens lebt nicht von Perfektion. Es geht um das Gemeinschaftserlebnis des Musizierens – für einen Moment Musik zu sein.
Das ist es auch, was beim Abschlusskonzert alle vereint. Die Jugend hat den Song „Hausparty“ mit viel Witz szenisch aufbereitet, die Kleinen mit den Farben des Regenbogens gebastelt. Ein schwungvolles Famuta-Orchester unterstützt die Sänger bei „Promied Land“, einer packenden südafrikanischen Freiheitshymne.
„How Can I Keep from Singing?“, stimmt der Chor zum Finale einen Gospel-Song an – wenn ich nur aufhören könnt’ mit dem Singen! Ein passender Titel. Familien, die öfter hier waren, wissen: Noch nach Monaten wehen Melodien-Fetzen aus den Kinderzimmern. Die Ohrwürmer der Familienmusiktage haben eine hohe Halbwertszeit. Sie reichten für ein ganzes Jahr – manchmal länger.
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