Das israelische Sicherheitskabinett hat in der Nacht auf Freitag den Plänen von Premier Benjamin Netanyahu, den Gazastreifen unter vollständige Kontrolle zu bringen, zugestimmt. Eine komplette Einnahme des Palästinensergebiets ist vorerst aber nicht vorgesehen. Im Visier steht vor allem Gaza-Stadt.
Das Sicherheitskabinett beschloss nach Angaben des Büros des Ministerpräsidenten fünf Prinzipien, um den Krieg im Gazastreifen zu beenden. Dazu gehörten unter anderem die militärische Kontrolle des Küstengebiets durch Israel und die komplette Entwaffnung der islamistischen Hamas sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens. Anschließend solle dort außerdem eine alternative Zivilregierung aufgebaut werden.
Israel kontrolliert gegenwärtig nach Medienberichten rund drei Viertel des weitgehend zerstörten Küstenstreifens, in dem insgesamt etwa zwei Millionen Palästinenser leben. Seit Anfang der Woche war über eine komplette Einnahme des Gazastreifens durch Israel spekuliert worden. Die nun beschlossenen Pläne gehen der offiziellen Mitteilung zufolge vorerst nicht so weit.
Fokus ausschließlich auf Gaza-Stadt
Der TV-Sender N12 berichtete unter Berufung auf einen hochrangigen Beamten, der nun beschlossene Einsatz fokussiere sich ausschließlich auf die Stadt Gaza im Norden des Küstengebiets. Ziel sei die Evakuierung der Bewohner in Flüchtlingslager im zentralen Abschnitt des Gazastreifens – dies solle bis Anfang Oktober geschehen.
Medien hatten zuvor spekuliert, dass die nun konkrete Ankündigung einer Ausweitung der Kämpfe auch Teil einer Verhandlungstaktik sein könnte, um die Hamas in den Verhandlungen um eine Waffenruhe massiv unter Druck zu setzen. Israelische Politiker deuteten eine solche Strategie an. N12 berichtete, die Vermittlerstaaten Katar und Ägypten würden bereits Druck auf die Hamas ausüben, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Netanyahu in Interview: „Wollen Gazastreifen nicht behalten“
In einem Interview mit dem US-Sender Fox News kurz vor Beginn der Sitzung des Sicherheitskabinetts sagte Netanyahu, Israel wolle die Kontrolle über den gesamten Gazastreifen übernehmen, das Gebiet aber nicht dauerhaft besetzen – davor hatte sich auch die israelische Militärführung aufgelehnt und auf die Gefahren eines solchen Einsatzes hingewiesen. Das Palästinensergebiet solle von der Hamas befreit werden, um es schließlich an andere Kräfte zu übergeben. Dies müssten Kräfte sein, die nicht wie die islamistische Terrororganisation Hamas zur Vernichtung Israels aufriefen.
Opposition: „Katastrophe, die zu weiteren Katastrophen führt“
Israels Oppositionsführer Yair Lapid von der liberalen Partei Jesch Atid bezeichnete die vom Sicherheitskabinett beschlossene Einnahme von Gaza-Stadt als „Katastrophe“, die „zu vielen weiteren Katastrophen führen wird“. Die geplante Eroberung der größten Stadt des Gazastreifens werde zum Tod der Geiseln sowie der Tötung vieler israelischer Soldaten führen, schrieb Lapid auf der Plattform X.
Ministerpräsident Netanyahu habe sich entgegen den Einwänden der Armeeführung von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich treiben lassen, erklärte Lapid weiter. Die beiden ultrarechten Minister sind Verfechter der Idee, den Gazastreifen vollständig einzunehmen und die rund zwei Millionen dort lebenden Palästinenser zu vertreiben. Yair Golan von der linken Demokratischen Partei befürchtet, dass nun das „Todesurteil für die Geiseln“ unterzeichnet worden sei.
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