Der ehemalige CIA-Chef David Petraeus (72) hat am Donnerstag beim Salzburg Summit der Industriellenvereinigung über eine massiv veränderte Welt gesprochen: Der „Urlaub“ nach Ende des Kalten Krieges sei endgültig vorbei, warnte er.
Es sind harte Worte, die durch die Versammlung im idyllischen Salzburg hallten. „Wir sind mit einer neuen Realität konfrontiert. Unilateralismus löst Multilateralismus ab, Hypernationalismus die Globalisierung, Angst den Optimismus.“ Dazu hätten Rivalität und Aggressivität Wiedereingang in die Politik gefunden. „Die Geopolitik ist mit aller Macht zurück, der Urlaub nach Ende des Kalten Krieges ist endgültig vorbei“, ist sich Petraeus sicher.
Der Fokus des früheren Vier-Sterne-Generals der US-Army lag dabei auf der Ukraine – ein Land, das er in den vergangenen Jahren sehr oft besucht hat, und auf den Folgen des Ukraine-Kriegs. „Das größte Geschenk für die NATO war Wladimir Putin. Er hat die Europäer dazu gebracht, ihre Verteidigungsausgaben nach Jahren endlich substanziell zu erhöhen. Das war längst fällig.“ Der Beschluss der NATO-Mitgliedsländer, fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung und Sicherheit zu investieren, sei in den USA gut angekommen – auch bei Präsident Donald Trump.
Wenn Putin in der Ukraine jemals erreicht, was er sich vorgenommen hat, wird er dort nicht stoppen. Moldawien und Litauen werden die nächsten Länder sein. Wir haben ihm in der Vergangenheit nicht zugehört.

Ex-CIA-Chef David Petraeus
Bild: APA/BARBARA GINDL
Putin müsse unbedingt gestoppt werden
„Wenn Putin in der Ukraine jemals erreicht, was er sich vorgenommen hat, wird er dort nicht stoppen. Moldawien und Litauen werden die nächsten Länder sein. Wir haben ihm in der Vergangenheit nicht zugehört. Putin hat einmal als größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts nicht etwa den russischen Bürgerkrieg oder die beiden Weltkriege bezeichnet, sondern die Auflösung der Sowjetunion. Und klar gemacht, sie wieder zusammenfügen zu wollen. Er muss darum unbedingt gestoppt werden.“
Es sei schwer verstehbar, dass Putin bereit ist, angesichts der minimalen Fortschritte am Schlachtfeld so schlimme Verluste hinzunehmen – mit mittlerweile rund einer Million getöteter oder verwundeter Russen. „Das ist unglaublich und wird Auswirkungen auf Russland haben - aber Putin tut weiter.“ Man hätte schon 2014 konsequent handeln sollen. „Da fiel die Antwort zu wenig entschieden aus.“ Putin könne nur mit weiterer umfangreicher Unterstützung der Ukraine an den Verhandlungstisch gebracht werden. Das hätten auch die jüngsten Gespräche über einen Waffenstillstand zwischen Kiew und Moskau gezeigt. „Man vereinbarte einen Austausch von Gefangenen und Gefallenen, aber nichts darüber hinaus.“
Eine Handlung in einem Weltteil hat heute Auswirkungen auf einen anderen Weltteil. Wenn man nicht gewillt ist zu helfen, egal wo, und nicht handelt, dann holt man sich nur anderswo Probleme.

Ex-CIA-Chef David Petraeus
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Petraeus ortet bei Ukraine Kurswechsel von Trump
Auch die USA, die im Frühjahr Druck auf die Ukraine ausgeübt haben, seien gefordert, Kiew weiter zu unterstützen. Petraeus ortet hier durchaus einen Kurswechsel von Trump. Ein 300-Millionen-Dollar-Paket für das Training und die Wartung von Systemen, die bereits in der Ukraine seien, Petraeus spricht dabei offenbar die F-16-Kampfflugzeuge an, stehe kurz davor verabschiedet zu werden.
Zudem dürfte die Trump-Administration mittlerweile erkannt haben, dass man den Ukraine-Krieg nicht isoliert von anderen geopolitischen Entwicklungen betrachten könne. „Eine Handlung in einem Weltteil hat heute Auswirkungen auf einen anderen Weltteil. Wenn man nicht gewillt ist zu helfen, egal wo, und nicht handelt, dann holt man sich nur anderswo Probleme.“

So habe etwa der hastige Abzug der US-Truppen aus Afghanistan Putin gezeigt, dass man kein verlässlicher Partner sei. „Alle anderen Länder wollten bleiben. Die Situation im Land hat sich gut entwickelt. Es gab über 18 Monate keinen einzigen Verlust in Uniform. Die Kosten für den Einsatz waren tragbar.“ Trumps Vorgänger Joe Biden habe zwar 2022 durchaus richtig auf die Invasion Russlands auf die Ukraine reagiert. „Aber die F16-Flieger und anderes schweres Kriegsgerät kamen viel zu spät. Aber es ist auch heute nicht zu spät, der Ukraine zu helfen.“
Zollstreit „wird rau und ruppig“
Den Zollstreit mit der EU sah der Ex-CIA-Chef durchaus gelassen. „Es wird rau und ruppig und es wird den europäischen Unternehmern nicht gefallen, aber die Zölle werden nicht so hoch sein, dass der Handel zum Erliegen kommt.“ Die jüngsten Nachrichten über ein Zollabkommen seien vielversprechend. „Trump ist ein Präsident, der sich nicht um die üblichen Gepflogenheiten kümmert, und darauf ist er stolz. Er schlägt dem anderen ins Gesicht, bevor er sich mit ihm an den Tisch setzt.“ Die Zölle würden zwar die Inflation in den USA anheizen, seien aber im Sinne Amerikas. „Dafür spricht, dass die Märkte derzeit aufwärts gehen.“
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