Ausgerechnet die Futtersuche endete für Waldrapp „Titanus“ auf einem Golfplatz im Halleiner Ortsteil Rif in Salzburg tödlich. Als er sich nach erfolgreichem Insekten-Mahl in die Lüfte schwingen wollte, traf ihn der Ball eines Golfers. Immerhin dürften seine Küken überleben – denn diese sind bereits „flügge“.
Der traurige Vorfall ereignete sich bereits am 11. Juli, als der streng geschützte Vogel auf dem Golfplatz nach Insekten stocherte, wie die „Salzburger Nachrichten“ am Mittwoch berichteten. Dem Spieler habe das furchtbar leidgetan, wird Golfanlagenleiterin Sabrina Freitag zitiert.
Der österreichische Biologe Johannes Fritz, Leiter und Gründer vom österreichischen „Waldrappteam Conservation and Research“, sprach von einem „bedauerlichen Vorfall“, bei dem niemandem ein Vorwurf zu machen sei. Fritz setzt sich seit mehr als 20 Jahren für die Wiederansiedlung des im Mittelalter ausgerotteten Vogels ein.
Golfplätze im Süden bei Waldrappe beliebt
Waldrappe würden offene Flächen mit niedriger Vegetation brauchen, erklärt der Biologe Fritz, denn ihre Hauptnahrungsquelle seien Bodentiere, nach denen sie mit ihren Schnäbeln stochern. In Brutgebieten im Süden seien solche Zwischenfälle an der Tagesordnung. Dort seien Golfplätze nämlich eine wohltuende grüne Ausnahme in der ansonsten kargen und trockenen Vegetation.
Das ist wirklich ein vorbildlicher Umgang mit dem Thema, ein Miteinander von Kultur, Sport und Natur.
Der Biologe Johannes Fritz lobt die Reaktion des Golfplatzes
„In Andalusien hält sich ein Teil der dortigen Population fast ausschließlich auf einem großen Golfplatz auf. Nur wenn sie brüten, ziehen sie sich in die Felsnischen zurück“, schilderte der Experte. Traumata und Todesfälle durch Golfbälle zählten dort zu den häufigsten dokumentierten Todesursachen. Fritz lobte die Reaktion des Golfplatz-Managements in Hallein-Rif, das von sich aus angeboten habe, künftig Spielflächen zu sperren, auf denen Waldrappe stochern. „Das ist wirklich ein vorbildlicher Umgang mit dem Thema, ein Miteinander von Kultur, Sport und Natur.“
Diese Maßnahme sei eine Selbstverständlichkeit, erklärte die Leiterin der Golfanlage. „Wenn wir schon geschützte Vögel hier haben, dann sollte unser Ziel sein, dass sie überleben.“ In den vergangenen zwei bis drei Tagen seien keine Waldrappe mehr auf dem Golfplatz in Rif gesichtet worden, „aber vorher hatten wir oft 30 oder 40 Vögel gleichzeitig da“.
Teil von Artenschutz ist Training von Zugverhalten
Der in Rif getötete Waldrapp stammte aus Grünau im Almtal in Oberösterreich. Dort lebt eine Gruppe dieser seltenen Ibisvögel ganzjährig an der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle. In den Wintermonaten werden sie gefüttert, da Schnee, Kälte oder gefrorener Boden die Futtersuche und damit das Überleben erschweren. Waldrappe sind von Natur aus Zugvögel. Ein zentraler Teil des Artenschutzprojekts besteht daher darin, ihnen das Zugverhalten sowie die Route in ein sicheres Wintergebiet wieder anzutrainieren.
Dafür wurde unter anderem eine Kolonie auf dem Georgenberg in Kuchl im Bezirk Hallein eingerichtet. Das Konglomeratgestein mit seinen natürlichen Nischen eignet sich gut als Brutplatz. In früheren Zeiten brüteten Waldrappe auch auf dem Mönchsberg in der Stadt Salzburg, der ebenfalls aus Konglomeratgestein besteht. Heute ist es dort jedoch zu unruhig für die scheuen Tiere. Eine weitere Kolonie wurde im deutschen Burghausen (Bayern) gegründet. Weil die Vögel bei der Nahrungssuche regelmäßig in andere Gebiete fliegen, entstehen dabei gemischte Brutpaare. Die Jungvögel fliegen meist mit in das Wintergebiet in der Toskana (Italien), während die Altvögel in ihre Kolonie nach Grünau zurückkehren.
Toter „Titanus“ wird ausgestopft
Der in Rif getötete Waldrapp trug den Namen „Titanus“ und hatte mit einer Partnerin aus der Kolonie Kuchl bereits zum zweiten Mal auf dem Georgenberg gebrütet. „Der Zeitpunkt des Todes war für die Aufzucht der Jungvögel günstig, die sind nämlich schon flügge und versorgen sich selbst“, erklärte Fritz. Der tote Waldrapp kam nach seinem Abtransport in den Tiefkühler. Eine Obduktion sei nicht nötig, da die Todesursache klar sei. Der Vogel werde daher an die Konrad-Lorenz-Forschungsstelle im Almtal überstellt, wo er womöglich ausgestopft werde.
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