Mit seinem zweiten Album „American Heart“ liefert Benson Boone große Gefühle und stadiontauglichen Pop mit Retro-Flair. Wir haben uns das neue Werk des jungen amerikanischen Sängers mit Schnauzer, Locken und Bühnen-Charisma à la Bruce Springsteen, Freddie Mercury und Co. einmal genauer angehört ...
Spätestens mit „Beautiful Things“ wusste jeder, wer Benson Boone ist – der Typ, der auf der Bühne Backflips macht und dabei auch noch singen kann. Der Song schaffte es 2024 auf Platz eins der Single-Charts in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den UK Top 40. Der junge amerikanische Sänger, stilistisch irgendwo zwischen Bruce Springsteen und Freddie Mercury einzuordnen, bewies schon mit seinem Debütalbum „Fireworks & Rollerblades“, dass er die Mischung aus Pop, Indie und Rock bestens beherrscht.
Jetzt legt er nach: Soeben erschien sein zweites Album mit dem Titel „American Heart“. Und was soll man sagen – das Album klingt genauso, wie man es bei diesem Titel erwarten würde: sehr amerikanisch. Es hat diesen gewissen Retro-Touch, bleibt dabei aber modern und zeitgemäß. Ein Sound, der stark an die großen Zeiten von Bruce Springsteen erinnert und den Boone ganz offensichtlich weiterverfolgen will.
Ein kurzer Blick zurück
Erste Bekanntheit erlangte der Sänger über seine humorvollen TikTok-Videos, wo er auch Gesangseinlagen postete. 2021 nahm er kurzzeitig an der 19. Staffel von „American Idol“ teil, stieg aber freiwillig wieder aus – er wollte sich früh kreativ unabhängig halten. Noch im selben Jahr wurde Dan Reynolds, Frontmann von Imagine Dragons, auf ihn aufmerksam und nahm ihn bei seinem Label Night Street Records unter Vertrag. Der Rest ist Pop-Geschichte: Gemeinsam mit zwei Co-Autoren schrieb Boone den Hit „Beautiful Things“, der 2024 im Radio rauf und runter lief. Neben seinem Schnauzer und den längeren Locken ist vor allem eins sein Markenzeichen: ein Backflip oder eine Schraube, die bei kaum einem Auftritt fehlt – nicht mal in der Sendung von Jimmy Fallon.
Doch wie klingt denn nun „American Heart?“ Sagen wir’s mal so: Man sollte sich dafür ein bisschen Zeit nehmen – am besten an einem warmen Sommertag, eine Picknickdecke ausbreiten, Kopfhörer aufsetzen und sich einfach treiben lassen. Ideal wäre es sogar, die Platte am 4. Juli zu hören - dem amerikanischen Unabhängigkeitstag. Denn genau dann spürt man dieses Americano-Feeling wahrscheinlich am intensivsten.
Starten wir mit dem starken Opener des Albums, welcher auch schon eine Singleauskopplung ist: „Sorry I’m Here For Someone Else“. Der Song beginnt mit einem ruhigen Piano-Intro, dann setzen treibende Synthesizer und Schlagzeug ein. Klanglich wirkt der Song modern und energiegeladen, inhaltlich klingt er stark nach einem versteckten Liebeslied – vermutlich an eine verflossene Ex? Boone singt: „Sorry I’m Here For Someone Else, But It’s Good To See Your Face, And I Really Hope You’re Doing Well …“
Kein dramatischer Abschiedsbrief also, sondern ein ehrlicher, ruhiger Umgang mit der Vergangenheit – verpackt in einen eingängigen Pop-Sound.
Ein bisschen mystical ein bisschen magical
„Mr. Electric Blue“ und „Man In Me“ kommen beide mit treibenden Beats daher, verpackt in einem kraftvollen Pop-Rock-Sound. „Mr. Electric Blue“ klingt wie eine Hymne an jemanden, zu dem er aufschaut - vermutlich eine Vaterfigur, wenn man die Lyrics genauer betrachtet: „Mr. Electric Blue, I Know I Believe In You. He’s a Man’s Man. A Good Hard-Working American“.
„Man In Me“ ist genauso lebendig, aber noch tanzbarer – fast schon ein bisschen à la „It’s the Time to Disco“. Und doch fällt hier etwas besonders auf: In einer der Strophen zeigt Benson Boone eine Gesangstechnik, die an Rap erinnert – rhythmisch, fast gesprochen, aber trotzdem melodisch. Man merkt, wie sehr er sich stimmlich weiterentwickelt hat und wie geschickt er unterschiedliche Stile miteinander verbindet.
Dann folgt endlich sein lang ersehnter Retro-Pop-Track: „Mystical Magical“.
Diesen Song performte Benson Boone sogar bei den diesjährigen American Music Awards – Heureka! In einem violetten Glitzeranzug von Dolce&Gabbana, dazu weiße Boots und jede Menge Bühnenpräsenz. Die Performance damals? Sympathisch, mit Witz, Stil und einem Hauch 70er-Jahre. Glamrock trifft Western-Country und genauso klingt der Sound auch. Viele meinten ja, „Mystical Magical“ hätte das Potenzial, genauso stark zu werden wie „Beautiful Things“ damals. Na ja – was nicht ist, kann ja noch werden.
Eine Hommage an die Mama
Nummer fünf und sechs des Albums schlagen ruhigere Töne an, verlieren dabei aber nie den Pop-Vibe. Also keine zuckersüßen Schnulzen, sondern gefühlvolle Songs mit Struktur und Leichtigkeit – eher Bruno Mars trifft Ed Sheeran als klassische Klavier-Ballade. „Reminds Me Of You“ wirkt wie ein melancholischer Rückblick, klingt aber dennoch stimmig und auf den Punkt gebracht. „Momma Song“ ist eine liebevolle, fast schon rührende Hommage an seine Mutter – sehr persönlich, ehrlich und direkt – Video inklusive. Boone beweist hier einmal mehr sein Gespür für große Gefühle – ohne je ins Kitschige abzurutschen.
Zum Ende hin wird „American Heart“ noch einmal richtig dynamisch.
„I Wanna Be The One You Call“ startet mit ähnlichen Vibes wie sein Nummer-eins-Hit „Beautiful Things“: ruhiger Einstieg, dann ein kurzer Break – und plötzlich ist da diese kraftvolle Hook, viel Bass und rockiger Punch. Auch „Take Me Home“ beginnt zunächst balladesk, steigert sich aber zunehmend in Lautstärke und Emotion. Textlich bewegt sich der Song irgendwo zwischen Sehnsucht nach vergangenen Zeiten und dem Vermissen einer bestimmten Person.
Bei „Wanted Man“ dominiert das Schlagzeug. Der Song baut sich nach einem eher ruhigen Start schnell auf – und im Refrain explodiert er förmlich. Boone schreit sich fast die Seele aus dem Leib: „Dead or alive, I’m A Wanted Man, I’m A Wanted Man.“ Der letzte Song bleibt dann dem roten Faden des Albums treu – und trägt folgerichtig den Titel „Young American Heart“. Diesen Track performte der Musiker bereits beim diesjährigen Lollapalooza in Argentinien. Die hymnische Struktur, die Dramatik, die stimmliche Wucht – all das erinnert an Freddie Mercurys „Somebody To Love“. Ja klar, für alle, die jetzt sagen: Ähm, es gibt nur einen Freddie – stimmt schon. Aber auch ein Freddie musste erst mal einer werden. Und wer weiß? Vielleicht wird es ja irgendwann auch heißen: Es gibt nur einen Benson Boone.
Fazit: „American Heart“ ist ein stimmiges, detailverliebtes Album, das seinen Titel musikalisch wie atmosphärisch ernst nimmt. Nicht jeder Song ist ein Hit-Kandidat, aber insgesamt liefert der 22-Jährige ein solides Gesamtpaket, zwar mit Luft nach oben, aber definitiv mit Herz. Der „Young American Boy“ von nebenan, der weiß, wie man große Gefühle in große Songs packt.
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