Neues Album: „Lotus“

Little Simz: Facettenreich, poetisch und frei

Musik
09.06.2025 09:00

Die britische Rapperin, Sängerin und Schauspielerin Little Simz ist für ihre introspektiven, poetischen und sozial bewussten Texte bekannt. Sie experimentiert mit einigen Genres – von Hip-Hop über Soul bis Funk – und präsentiert nun mit „Lotus“ ihr sechstes Studioalbum: ein mutiges und vielseitiges Werk mit verschiedensten Kollaborationen. Wir haben einen Blick auf die Platte der Ausnahmekünstlerin geworfen ...

kmm

Simbiatu Abisola Abiola Ajikawo – was fast wie ein Spruch klingt, ist der bürgerliche Name der Künstlerin Little Simz. Und wir sagen bewusst Künstlerin, denn die 31-Jährige ist vielseitig: Rapperin, Sängerin und Schauspielerin. Musik macht sie schon seit Jahren – ihren großen Durchbruch feierte sie jedoch erst 2021 mit ihrem vierten Studioalbum „Sometimes I Might Be Introvert“. Erst damit wurde sie auch international wahrgenommen und trat endgültig ins Rampenlicht – wo sie sich die Bühne auch schon mit renommierten Musikern wie Coldplay teilte. 

Doch wie gesagt: Nicht nur musikalisch konnte sie im Nachgang begeistern. Eingefleischte Fans würden jetzt direkt nicken und sagen - klar, Little Simz hat auch schauspielerisches Talent. Und das blieb nicht unbemerkt: Netflix klopfte an und gab ihr die Rolle der Shelley in der gefeierten Serie „Top Boy“, in der es um Gangs, Loyalität und das Überleben im sozialen Brennpunkt von London geht. 

Facetenreich: Little Simz spielt in der Netflix-Serie „Top Boy“ die Rolle der Shelley.
Facetenreich: Little Simz spielt in der Netflix-Serie „Top Boy“ die Rolle der Shelley.(Bild: Thibaut Grevet)

„Lotus“: Facettenreich wie eine Blume
Dass sie irgendwie alles kann – quasi ein Tausendsassa ist – beweist Little Simz auch mit ihrem neuen Album – das allerdings ein wenig anders klingt als ihre bisherigen Werke. Das liegt vermutlich auch daran, dass diesmal nicht ihr langjähriger Produzent Inflo am Werk war, sondern Miles Clinton James, der „Lotus“ eine neue klangliche Richtung verleiht. Außerdem finden sich auf der neuen Scheibe zahlreiche Kollaborationen – unter anderem mit Künstlern, die für manche vielleicht noch ein Geheimtipp sind, aber musikalisch viel beitragen: Obongjayar, Moonchild Sanelly, Lydia Kitto, Yukimi Nagano oder Yussef Dayes sorgen für musikalische Vielfalt. 

Als wir uns das erste Lied anhören, fällt uns gleich der Titel auf: „Thief“. Es beginnt ruhig, mit Bass und etwas Piano – doch der Schein trügt. Kurz darauf setzt ein dichter Beat ein und Simz rappt in gewohnter Manier. Viele spekulieren, dass „Thief“ eine direkte Ansage an ihren ehemaligen Produzenten Inflo ist, der sie quasi bestohlen haben soll. Laut Berichten verklagte sie ihn wegen unbezahlter Forderungen in Höhe von 1,7 Millionen Pfund. Der Song klingt wütend, kontrolliert, fast schon anklagend - aber ohne plakativ zu werden. 

Danach folgt schon die Singleauskopplung „Flood“, bei der es zur ersten Kollaboration mit Obongjayar und Moonchild Sanelly kommt. Zwei Künstler, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Der Sound wirkt fast hypnotisch, die treibenden Drums bleiben sofort im Ohr. Auch das dazugehörige Video unterstreicht die düstere Stimmung: In Schwarz-Weiß gehalten, spielt es mit religiösen und teuflischen Symbolen.

Storytelling vom Feinsten
Der Song „Young“ wurde bereits im März mitsamt Video veröffentlicht – und auch dieser Track fällt sofort auf. Was sollen wir sagen: Very British! Der Akzent sitzt, der Flow ist pointiert, und Simz klingt, als würde sie jemandem ziemlich direkt die Meinung sagen. Während „Only“ mit der sanften Stimme von Lydia Kitto fast wie ein Sample aus den 60ern klingt, erinnert „Lion“ an Künstler Pharrell – nicht nur wegen des entspannten Flows, sondern auch durch den weichen, fast schwebenden Gesang von Obongjayar.

Weiter gehts dann mit „Enough“, den Track teilt sie sich mit der schwedischen Sängerin Yukimi. Der Titel ist eine experimentelle Mischung aus Trip-Hop, Electronica und Future Beats – mit einer gewissen Dubstep-Ästhetik- ziemlich schräg, unserer Meinung nach, also nicht für jeden Geschmack geeignet. 

Poetry, Gospel und ein Hauch Lauryn Hill
Immer wieder wird es auf „Lotus“ ruhig: „Peace“ klingt mehr nach Poetry-Slam als nach klassischem Hip-Hop. Das gilt auch für „Lonely“, in dem Little Simz mit Sprechgesang und poetischen Bildern arbeitet. „Blue“ mit Sampha ist wahrscheinlich das sanfteste Stück des Albums – sein Gesangspart, die gospelartige Stimmung, die reduzierte Instrumentierung: Alles wirkt zart und harmonisch. Man hat das Gefühl, in Little Simz steckt ein Hauch von Lauryn Hill – wegen der emotionalen Tiefe – und ein bisschen Missy Elliott, wenn es um Mut, Haltung und kreative Freiheit geht.

Doch ist „Lotus“ ein Album für jedermann? Wohl eher nicht. In dieser hektischen Zeit, die wir oft an den Tag legen, muss man sich wirklich bewusst Zeit nehmen, um in das Album einzutauchen. Hits am Fließband? Fehlanzeige. „Lotus“ ist vielmehr ein Statement – frei, eigenwillig, unbeeindruckt von Trends. Manche Songs fordern, manche faszinieren sofort, andere entfalten ihre Wirkung erst mit etwas Abstand. Man muss also der Musik den Raum geben, den sie benötigt. 
Und wer sich live von der Energie dieser Vollblut-Künstlerin überzeugen möchte: Am 27. September tritt Little Simz im Wiener Gasometer auf. Tickets gibt’s unter www.oeticket.com – schnell sein lohnt sich.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt