Neben programmatischen Reden bot die erste Sitzung des neuen Gemeinderats auch spannende Abstimmungen zu Wiens neuem Regierungsteam – und geharnischte Kritik der Opposition zum Regierungsprogramm von SPÖ und Neos.
Jetzt hat die neue Wiener Legislaturperiode wirklich begonnen: In der konstituierenden Landtags- und Gemeinderatssitzung am Dienstag wurden alle Mandatare und die Stadtregierung bis hinauf zu Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) angelobt. Er wurde mit 69 Stimmen im Amt bestätigt. Das bedeutet, dass ihn abseits von 43 SPÖ- und zehn Neos-Abgeordneten auch mindestens 16 Vertreter der Opposition wählten.
Abstimmung offenbart „Hitparade“ der Stadträte
Deutliche Unterschiede gab es in der Zustimmung zu Ludwigs Team: Vizebürgermeisterin Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál lag mit 90 Stimmen an der Spitze. Ex aequo folgten Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling und Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (jeweils 66 Stimmen), Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (65 Stimmen) und Infrastrukturstadträtin Ulli Sima (62 Stimmen). Sozialstadtrat Peter Hacker bekam 60 Stimmen. Das Schlusslicht bildete Finanzstadträtin Barbara Novak mit 58 Stimmen, der offenbar als Neuzugang noch einige Skepsis entgegenschlägt.
Überhaupt wurde viel gewählt in dieser Sitzung: Von Vorsitzenden bis zu Ausschüssen mussten über vier Stunden hinweg Dutzende Positionen neu besetzt werden. Dabei wurden Gräben zwischen den Fraktionen schon deutlicher: Die meisten FPÖ-Vertreter wurden vor allem mithilfe der ÖVP gewählt, während die Freiheitlichen sich umgekehrt bei fast allen Abstimmungen versöhnlicher zeigten und etwa der Grünen Jennifer Kickert zur einstimmigen Wahl als Vierte Gemeinderatsvorsitzende verhalfen.
Ludwig und Emmerling um Optimismus bemüht
In seiner Erklärung zum Regierungsantritt legte Ludwig den Fokus auf den „Aufschwung“, den er sich mit den Neos für die nächsten fünf Jahre zum Ziel gesetzt hat. Es gelte nun, „durchzustarten“, um „Wien auf Kurs zu halten“. Er verwies dabei etwa auf die Pläne für ein KI-Rechenzentrum oder versprach eine Leerstands-Datenbank für gewerbliche Immobilien. Emmerling konzentrierte sich, ihrem Ressort entsprechend, auf die Bildung: Dabei pochte sie auf „unverhandelbare Werte“ und betonte: „Die gemeinsame Sprache Deutsch ist das wichtigste Thema, das es derzeit im Bildungsbereich gibt.“ Zugleich bestand sie darauf: „Bei allem, was es zu kritisieren gibt: Wien ist eine Stadt, die weltweit beneidet wird.“
Überschattet wurde die Sitzung vom Amoklauf in Graz. Emmerling kämpfte mit den Tränen, als sie in ihrer Rede meinte, sie wolle sich gar nicht vorstellen, wie es sei, ein Kind morgens in die Schule zu schicken, das nie mehr nach Hause kommt. Die Sitzung wurde auch für eine Schweigeminute unterbrochen. Als eine seiner ersten Amtshandlungen in der Legislaturperiode beschloss Ludwig, das Rathaus schwarz beflaggen zu lassen.
Opposition vermisst Konkretes und Ambition
Einig waren sich Vertreter von FPÖ, Grünen und ÖVP in der ersten Sitzung des neuen Gemeinderats abseits aller politischen Unterschiede: Der Antritt der neuen Stadtregierung und ihre Pläne seien „fad, lieblos, antriebslos“ (FPÖ-Vorsitzender Dominik Nepp), „unkonkret, schwammig, oberflächlich und ambitionslos“ (ÖVP-Klubobmann Harald Zierfuß) und „blass und mutlos“ (Grünen-Chefin Judith Pühringer). Sie alle kritisierten, dass gerade bei den drängendsten politischen Fragen – dem Budgetdefizit, Integration, sozialer Absicherung – am allerwenigsten konkrete Vorhaben im fast 200-seitigen Regierungsprogramm zu finden seien.
Pühringer fragte sich: „Werden die Sorgen der Wienerinnen und Wiener damit wirklich gelindert?“, während für Zierfuß schon fest steht: „Mit dieser Koalition wird“s mit Wien weiter abwärts gehen. Auch Nepp sah in den Regierungsplänen der „Abschwungskoalition“ nur „Absichtserklärungen, wo nichts dahinter ist“ und meinte: „Wenn das Elan ist, dann gute Nacht“. Er versprach SPÖ und Neos „ungemütliche fünf Jahre“.
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