Ohne Vorwarnung

L.A.: Reporterin während Liveschalte angeschossen

Ausland
09.06.2025 18:15

Ein Presse-Einsatz am Rande der Demonstrationen in Los Angeles kann derzeit gefährlich werden: Bereits zwei Vorfälle sind bekannt, bei denen Polizisten plötzlich auf Pressevertreter feuerten. Eine Reporterin wurde während einer Liveschalte ins Visier genommen – und ein Fotograf musste sogar notoperiert werden.

Die Journalistin Lauren Tomasi ist in der US-Metropole live auf Sendung für den australischen Sender 9News, als es hinter ihr plötzlich knallt. Sekundenbruchteile später ist zu sehen, wie ein Polizist sie ohne ersichtliche Bedrohungslage ins Visier nimmt und ein Gummigeschoss in ihre Richtung abfeuert.

Tomasi schreit laut auf und läuft weg (siehe Tweet unten). Ein Beisteher ruft dem Polizisten zu: „Du hast gerade eine verdammte Reporterin angeschossen!“ Die Journalistin wird von Passanten in Empfang genommen, ehe sie erklärt, dass sie am Bein getroffen – aber unverletzt sei. Was ihr Sender mittlerweile bestätigte.

Weniger Glück hatte ein britischer Pressefotograf: Er musste nach Angaben der britischen Nachrichtenagentur PA Press notoperiert werden. Nick Stern habe am Samstag eine Konfrontation zwischen Demonstranten und der Polizei in Paramount, einem vorwiegend von Einwanderern aus Lateinamerika bewohnten Stadtteil von Los Angeles, beobachtet.

Plötzlich habe sich ein 14 Millimeter langes „Schwammgeschoss“ in seinen Oberschenkel gebohrt, berichtete die Agentur. Er erholt sich derzeit von der Operation. „Ich bin herumgelaufen und habe Fotos gemacht und war bis etwa 21 Uhr unbehelligt. Ich ging gerade über die Straße, als ich einen starken Schmerz in meinem Bein spürte. Ich legte meine Hand auf den Boden und spürte einen Klumpen, der hinten aus meinem Bein ragte“, schilderte er die Situation gegenüber dem „Guardian“.

Fotograf berichtet von Horror-Szenen
Stern glaubt, dass er wahrscheinlich von einem „nicht tödlichen Geschoss“ getroffen wurde, das die Polizisten zusammen mit Blendgranaten zur Kontrolle der Menge einsetzten.

Nick Stern liegt am Boden, nachdem er angeschossen wurde.
Nick Stern liegt am Boden, nachdem er angeschossen wurde.(Bild: AP/Ethan Swope)

„Die Leute kamen zu Hilfe und legten mich auf den Bordstein. Ein Sanitäter wurde gerufen, der mir die Kleidung abschnitt. In meinem Bein war ein gefühlt fünf Zentimeter großes Loch, aus dem Muskeln heraushingen, und mein ganzes Bein war voller Blut. Der Sanitäter legte einen Druckverband an, und ein Journalist, mit dem ich unterwegs war, brachte mich in die Notaufnahme.“

In der Metropole an der US-Westküste haben sich Proteste gegen die Abschiebepolitik der US-Regierung formiert. Die Migrationsbehörde ICE ging seit Donald Trumps Amtsantritt – teils gesetzeswidrig – gegen Ausländer in den USA vor. Präsident Trump befahl nun den Einsatz der Nationalgarde und eine Mobilisierung des regulären Militärs, was die Proteste weiter aufheizte.

„Jeder hat das Recht, sich friedlich zu versammeln und seine Rechte nach dem ersten Verfassungszusatz wahrzunehmen, aber wenn die Grenze überschritten wird und man andere Menschen angreift, Gewalt anwendet oder Eigentum zerstört, dann müssen wir als Behörde einschreiten, die Leute warnen und sie möglicherweise verhaften“, teilte Sheriff Robert Luna mit.

„Beamte werden sich selbst verteidigen. Ich glaube nicht, dass jemand von unseren Hilfssheriffs erwartet, dass sie Steine und Flaschen gegen sich tolerieren, ohne sich zu verteidigen.“

Eindrücke von den Tumulten in Los Angeles:

Mehrere Hundert Nationalgardisten bezogen vor Regierungsgebäuden Stellung, um diese zu schützen. Trumps Eingriff ist historisch und passierte gegen den Willen des Gouverneurs von Kalifornien, Gavin Newsom. Die Reservetruppen unterstehen eigentlich dem Kommando der Bundesstaaten. Der Demokrat bezeichnete dessen Anordnung als widerrechtlich. Er warf dem Republikaner vor, absichtlich eine Krise inszenieren zu wollen und gegen Kaliforniens Souveränität zu verstoßen. „Dies sind die Handlungen eines Diktators, nicht eines Präsidenten“, schrieb Newsom auf X.

Newsom ruft zu Gewaltverzicht auf
Am Sonntag war es in Los Angeles den dritten Tag in Folge zu Protesten gekommen, bei denen immer wieder Gewalt ausbrach. Die Teilnehmerzahlen reichten in den vergangenen Tagen von einigen Dutzend bis zu mehreren Hundert Menschen. Die Polizei wurde nach eigenen Angaben mit Gegenständen beworfen. Fahrzeuge wurden angezündet, Straßen blockiert. Das FBI bot eine Belohnung von 50.000 Dollar für Hinweise auf einen Verdächtigen, der Steine auf Polizeifahrzeuge geworfen und einen Bundesbeamten verletzt haben soll. 

Newsom rief die Bürger zum Gewaltverzicht auf. Sie sollten Trump nicht das „Spektakel“ geben, auf das er spekuliere. Der Republikaner hat die Bekämpfung der illegalen Einwanderung zu einem zentralen Schwerpunkt seiner Präsidentschaft erklärt – und die größte Abschiebeaktion in der Geschichte und strikte Kontrollen an der Grenze zu Mexiko versprochen.

ICE hat vom Weißen Haus als Zielmarke vorgegeben bekommen, mindestens 3000 Migranten pro Tag festzunehmen. Das massive Durchgreifen gegen Einwanderer hat dazu geführt, dass auch Menschen betroffen sind, die sich legal im Land aufhalten, darunter einige mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht.

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