Prozess gibt Einblicke

Arabischer Geldtransfer: Die Brutalität dahinter

Gericht
06.06.2025 14:12

„Es gab‘ kaum eine Schlepperorganisation, wo die Zahlungen nicht über das Restaurant abgewickelt wurde“, erklärt der Staatsanwalt im Wiener Landl. Der Erstangeklagte (42) betreibt mit seinem Bruder und seiner Zweitfrau in seinem Restaurant nämlich ein Hawala-Büro – einen Geldtransfer-Service in arabische Länder. Auch vor Gewalt schrecken sie nicht zurück.

Noch bevor der Prozess wirklich startet, gewinnen Zuhörer im Saal 306 im Wiener Landl einen Einblick, welch harte Kost dort die nächsten Tage verhandelt wird. Die vorsitzende Richterin informiert nämlich, dass noch vor der Verhandlung eine Schöffin entlassen werden musste. Beim Besprechen der Anklage verfiel sie in einen „panikartigen Zustand“. 

Nicht illegal, aber undurchsichtig
Der Staatsanwalt fasst die Vorwürfe zusammen: „Es geht um eine Vielzahl von strafbaren Handlungen. Sie sind im Rahmen des Hawala-Betriebs in einem Restaurant am Lerchenfelder Gürtel passiert.“ Was ist das? Mit dem Hawala-System können Geldbeträge von Österreich in vorwiegend arabische Länder transferiert werden. Dabei wird mit Codes gearbeitet. „Das ist meistens verdeckt und versteckt in arabischen Restaurants und Betrieben“, erklärt der Ankläger. Und betont weiter, dass das zwar nicht illegal sei, aber „vollkommen undurchsichtig und anonym.“

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Es war eines der größten, wenn nicht sogar das größte Hawala-Büro in Österreich. Es gab‘ kaum eine Schlepperorganisation, wo die Zahlungen nicht über das Restaurant abgewickelt wurde.

Staatsanwalt im Wiener Landesgericht

Sehr beliebt ist es deswegen vor allem bei Kriminellen – für Terrorismusfinanzierung und auch Schlepperei. Und genau in letzterem soll das Restaurant des Erstangeklagten Marktführer gewesen sein. „Es war eines der größten, wenn nicht sogar das größte Hawala-Büro in Österreich. Es gab‘ kaum eine Schlepperorganisation, wo die Zahlungen nicht über das Restaurant abgewickelt wurde.“ Knapp 200 Schleppungen, davon blieb es bei 25 beim Versuch, gehen auf das Konto. 

„Kann man laienhaft als Folter bezeichnen“
Damit alles reibungslos über die Bühne ging, waren der 42-Jährige, sein Bruder und seine Zweitfrau – sie alle teilen sich die Anklagebank – auch bereit, unsagbare Gewalt anzuwenden. Weil einer ihrer Geldkuriere Ende März nicht, wie vereinbart, 350.000 Euro ablieferte, sei den Syrern der „Geduldsfaden gerissen“: „Letztlich ist es zu Handlungen gekommen, die man laienhaft als Folter bezeichnen kann“, fasst der Staatsanwalt zusammen. 

Anwalt Andreas Reichenbach verteidigt im Prozess rund um das Hawala-Büro.
Anwalt Andreas Reichenbach verteidigt im Prozess rund um das Hawala-Büro.(Bild: P. Huber)

Die zwei Männer versetzten dem Opfer eine „Unzahl an Faustschlägen“, prügelten es mit einem Gürtel und knebelten ihn. Auch mit sexuellen Handlungen demütigten und verletzten sie den Mann. Schockierend: Mit einer Gartenschere versuchten sie ihm die Zehennägel zu ziehen. „Das hat sich über Stunden gezogen“, so der Ankläger.

Von Schleppungen nichts gewusst?
„Es hat diese Abreibung gegeben. Da ist ein Haufen Geld verschwunden“, räumt Anwalt Andreas Reichenbach, er verteidigt den Bruder (38), ein. Die Ausmaße, die in der Anklage beschrieben sind, hätte es aber nicht gegeben – besonders die Vergewaltigung. Zu den Schleppereivorwürfen: „In Wirklichkeit kann man überhaupt nicht feststellen, wo das Geld hinfließt.“ Sie hätten nie bewusst Kriminellen bei der Finanzierung geholfen. 

Im Prozess, der auf mehrere Verhandlungstage anberaumt ist, gilt es nun das zu klären. Eine Aufgabe, die sich vielleicht schwierig gestalten könnte, denn schon der Erstangeklagte glänzt nicht in seiner Aussage. Die Fragen der Richterin beantwortet er entweder widersprüchlich oder versteht sie nicht ...

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