Großes Interview

Verena Wagner: „Muss auch über Neid reden können“

Musik
10.05.2025 09:00

Die Klagenfurterin Verena Wagner setzt auf Dialekt-Pop mit Herz und Erfahrungswerten. Auf ihrem zweiten Album „Pionier“ hat sie sich, ihre Musik und ihre Ziele neu kalibriert – jetzt sollte auch der Durchbruch gelingen. Mit der „Krone“ sprach die 36-Jährige über das Werk, ihre Mehrfachbelastungen und genau überlegte Visionen.

(Bild: kmm)

Auf ihrem Albumcover sieht sie aus wie die Fantasy-Kriegerin Xena. Wehende Haare, entschlossener Blick, dahinter leuchtet der Vollmond und begräbt langsam den Tag. Die Kärntner Sängerin Verena Wagner bezeichnet sich und ihr Zweitwerk „Pionier“ - doch hinter der martialischen Aufmachung steckt seelenvolle, im Dialekt gesungene und aus dem Leben gegriffene Popmusik, die sich in verschiedene Subgenres hinausverästelt. Auf die Frage, warum das Album denn „Pionier“ und nicht „Pionierin“ heiße, hat Wagner gewartet, wie sie lächelnd im „Krone“-Interview erklärt. „Das Wort Pionier kommt konkret als Textzeile in einem Lied vor: ,Selbst wenn ich in diesem Spiel verlier, vielleicht bin ich irgendwann ein Pionier‘. Es hat sich einfach besser gereimt.“ Das benannte Spiel ist die Musikindustrie und in jener hat die 36-Jährige schon so einiges erlebt. Ihren ersten Song schrieb sie erst mit 27, doch sie hat schon nahezu 1000 Auftritte in den Knochen. Die Bühne sei ihr Safe Space, wie sie gerne betont.

Vom Rebellen zum Pionier
In den letzten Jahren zog die Karriere merklich an. 2021 erschien Wagners Debütalbum „Nirgendwohin“, 2022 gewann sie den „Rock The Island“-Contest im Genre „Pop“, danach folgte ein Auftritt mit ihrer Band beim Wiener Donauinselfest. Den Pionierstatus reklamiert sie gerne für sich. „Ich gehe gerne meinen ganz eigenen Weg und habe mich lange damit beschäftigt, was der Begriff Pionier eigentlich bedeutet. Bei meinem Debüt war ich eher ein Rebell und das ist jemand, der wütend ist und gegen etwas ankämpft. Mit mehr als 30 Jahren ein Debütalbum zu veröffentlichen - da hielten mich einige für verrückt, aber ging meinen Weg beharrlich weiter. Ein Pionier ist jemand, für den so Kategorien wie gewinnen oder verlieren gar nicht mehr so wirklich existieren. Man ist angetrieben von der eigenen Neugierde und dem Willen, etwas zu entdecken. Ich schaue nicht nach links und nicht nach rechts, sondern schreite einfach voran.“

Eine gewisse Form von Verbissenheit und kriegerischer Attitüde würde im Musikbusiness notwendig sein. Wagner gibt den Traum von einer Karriere als professionelle Sängerin nicht auf und hofft, dass „Pionier“ sie wieder näher daran heranführen kann. In Songs wie „Nur a Norr“, „Liag mi on“ oder „Zu ana ondren Zeit“ lässt sie durchaus tief in ihr Seelenleben blicken. Durchaus ernstere Themen kann Wagner auch humoristisch abhandeln – „Evangelista“, benannt nach dem Model Linda Evangelista, ist etwas ein gutes Beispiel. „Ich gerne mit einem Schmäh, etwas Naivität und einer lustigen Geselligkeit an die Dinge ran. Der Song spielt etwa darauf an, dass einem von außen immer alle Erfolge gegönnt werden, man innerlich aber oft anders gepolt ist. Ich bin auch schon mal auf eine Kollegin zugegangen und habe ihr offen gesagt, dass ich neidisch auf sie bin, weil sie erfolgreicher ist als ich. Ich finde das Gefühl nicht gut, aber ich fühle es halt. Jeder von uns war schon einmal neidisch. Warum sollte man nicht offen darüber reden können?“

Doppelte Kraft notwendig
Das Album wie auch das Cover dazu sollen nichts Kriegerisches, aber etwas Kraftvolles und Kämpferisches ausstrahlen. „Es ist nicht immer leicht, Musikerin, Mama und auch Frau zu sein. Man muss immer aufpassen, dass man nicht ins Jammern verfällt, aber ohne die Unterstützung meines Partners und meiner Familie wäre vieles nicht möglich. Es geht um exaktes Zeitmanagement und gute Koordination, daran führt kein Weg vorbei.“ In der burgenländischen Sängerin Die Mayerin hat Wagner eine Mitsteiterin und Freundin gefunden, die ihre Lage gut nachvollziehen kann. „Sie hat zwei Kinder, eine Familie und schon drei Alben selbst rausgebracht. Das ist noch einmal ein ganz anderes Level an Herausforderung.“ Das Thema Frauen mit Kindern im Musikbusiness ist ohnehin ein eigenes Kapitel, das noch einmal ein Extra-Interview füllen würde. „Mir wurde von Musikern schon oft gesagt, dass ich mich nicht so abstrampeln sollte in der Musik, weil es nichts bringt. Das animiert mich aber nur. Schau dir etwa die Poxrucker Sisters an. Die muss man echt bewundern, wie sie alles unter einen Hut bringen.“

Ihrer Tochter hat Wagner mit „Bis in olle Ewigkeit“ eine eigene Hymne gewidmet, das emotionalste Stück für die Sängerin selbst ist aber „Tränen unterm Mikroskop“. „Das Lied habe ich eigentlich für mich selbst geschrieben. Das passierte in einem Moment, wo es mir überhaupt nicht gut ging, und ich schrieb es, um mich zu trösten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Nummer live spielen werde. Weniger aber wegen des Inhalts, sondern deshalb, weil die Stimmlage so schwierig zu erreichen ist.“ Textlich blieb alles in Wagners Verantwortung, musikalisch hat sie mit Produzenten und Vertrauenspersonen zusammengearbeitet. Wichtig war ihr auch, sich nicht hinter einer Fremdsprache zu verstecken, sondern in der Mundart zu bleiben. „,I Love You‘ singst du schneller als ,Ich liebe dich‘. Im Dialekt drücke ich mich ehrlich aus, wie ich bin.“ Nicht so glücklich ist sie mit den partiellen Schlagervergleichen. Männlichen Interpreten passiert das nicht so schnell wie Frauen. Ich habe nichts gegen Schager, aber aus der alternativen Ecke wird schnell die Nase gerümpft. Englischsprachige Songs klingen oft wie Schlager, nur werden sie nicht als solche bezeichnet.“

Visionen sind scharfgestellt
Auf ihr musikalisches Zweitwerk ist Wagner besonders stolz. „Es klingt vielleicht blöd, aber ich finde das Album richtig stark. Normalerweise höre ich mir ein Album vor dem Fertigstellen im Auto an und denke mir, dass da und dort noch viel geändert gehört – das war hier gar nicht der Fall. Ich hatte dieses Mal überhaupt keine Zweifel.“ Mit dieser Selbstsicherheit lässt es sich auch etwas leichter ins Spirituelle rutschen. „Ich interessiere mich auch für Numerologie und aus der heraus steht ,Pionier‘, wenn man ein paar Komponenten vereint, für die eins. Ich hoffe und wünsche mir, dass das Album so intensiv wahrgenommen wird, wie es für mich beim Schreiben und Fertigstellen war.“ Ein großes Ziel in ihrer Karriere wäre der Gewinn eines Amadeus Awards. „Es ist natürlich ein weiter Weg dahin, aber ich würde mir wünschen, dass ,Pionier‘ dort 2026 eine große Rolle spielt. Ich hätte mir jedenfalls schon gut überlegt, wie ich bei den Amadeus Awards auftreten würde.“

Noch zwei Live-Release-Shows
Zuerst stellt Verena Wagner ihr zweites Album noch zweimal in Österreich vor. Bereits gestern, am 9. Mai, konzertierte sie im Klagenfurter Fritz Club. Am 15. Mai ist sie live im Grazer Orpheum Extra (mit Special Guest Die Mayerin) zu sehen, am 22. Mai im Wiener Aera und am 18. Juli im Stadtpark Althofen. Unter www.verenawagner.com finden Sie alle Termine und weiteren Informationen zu den Gigs.

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