Es sei "ein Musterfall für Korruption", bei dem es ausnahmsweise eine "schriftliche Vereinbarung" gab, sagte Richterin Marion Zöllner bei der mündlichen Urteilsbegründung. Zudem habe sich Passer in seinen Aussagen am Freitag in Widersprüche verstrickt und sich von der Ersteinvernahme durch die Polizei in wesentlichen Punkten distanziert.
Damals hatte Passer laut der Richterin ausgesagt, dass er die Vereinbarung im Auftrag von Benko erstellt hatte, denn der Immo-Unternehmer wollte nicht direkt in Verbindung mit Sanader gebracht werden. Am Freitag sagte Passer dagegen aus, dass es nie einen Auftrag seitens Benkos bzw. der Signa-Gruppe gegeben habe.
Warum er dann in der schriftlichen Vereinbarung mit Sanader aus dem November 2009 dezidiert "beauftragt" geschrieben habe, wollte die Richterin wissen. Das stimme nicht, es habe keine Beauftragung gegeben, betonte Passer wiederholt.
Passer wollte Benko "Freundschaftsdienst" erweisen
Passer erklärte, dass er die Vereinbarung auf eigene Hand mit Sanader geschlossen hätte. Er habe Benko, den er kenne, in Innsbruck getroffen. Bei diesem Gespräch habe Benko ihm beiläufig über die Steuerprobleme der Signa-Gruppe in Italien erzählt. Er habe Benko einen "freundschaftlichen Dienst" erweisen wollen und deshalb mit Sanader gesprochen. In Wien habe er den Ex-Premier getroffen. Dieser habe ihm damals erzählt, dass er den damaligen italienischen Premier Silvio Berlusconi treffen werde.
Passer habe sich von dem Treffen erhofft, dass Sanader über Berlusconi zu Informationen über Fachleute wie Steuerberater kommen könne, um der Signa-Gruppe in dem schon zwei Jahre lang andauernden Strafverfahren zu helfen. Sanader habe auf einen schriftlichen Vertrag bestanden, betonte Passer. Darin versprach Passer Sanader 150.000 Euro, falls das Steuerverfahren "zu einem positiven Ende" für die Signa-Gruppe komme.
"Nie auf illegale Handlungen bezogen"
Da hackte Richterin Zöllner bei dem Steuerberater nach: "War Benko nicht in der Lage, selbst einen Steuerberater zu finden?" Außerdem wollte sie wissen, warum in dem Vertrag nichts von einer Suche nach einem Steuerberater stand. Darauf meinte Passer: "Weil es eh kloar woar." Der Vertrag hätte sich nie auf illegale Handlungen bezogen. "Ich habe ja nichts getan, um Gottes Willen", sagte der Steuerberater erzürnt auf der Anklagebank. Das glauben sie ja nicht wirklich, dass Sanader bei Berlusconi angerufen hätte.
Er habe zwar Benko nach dem Abschluss der Vereinbarung mit Sanader wieder getroffen, aber nicht über die Sache gesprochen, sagte Passer. Auch von Sanader habe er in der Sache nichts mehr gehört.
Benko sprach von "relativ abenteuerlichen" Vorwürfen
Benko sprach im Prozess von "relativ abenteuerlichen" Vorwürfen. Er habe damals von Passer bei einem zufälligen Gespräch eine weitere Meinung über das Verfahren in Italien einholen wollen. Er kannte Sanader, der öfters bei Veranstaltungen in Tirol eingeladen war. An Details konnte sich Benko am Freitag aber nicht mehr erinnern, er habe jährlich rund 2.000 Termine. Das Gespräch liege ja Jahre zurück.
Anwälte: "Sanader hätte Tat nicht ausführen können"
Die Verteidiger der beiden Angeklagten wiesen in ihren Plädoyers darauf hin, dass Sanader im November 2009 nicht mehr Premier Kroatiens war und daher die Tat nach § 308 StGB ("Verbotene Intervention") auch gar nicht ausführen hätte können, weil er in Italien keinen politischen Einfluss hatte.
Der kroatische Ex-Premier Sanader teilte dem gerichtlich schriftlich mit, dass er sich dazu verpflichtet hatte, sein "persönliches Wissen über die Amtswege in Italien" einzubringen. Das Geld sei nicht geflossen und es habe keine Aktivitäten seinerseits gegeben, las die Richterin in der Verhandlung vor.
Die Richterin berücksichtigte in den Strafmaßen mildernd, dass die Tat nur versucht wurde und die beiden Angeklagten bisher unbescholten waren. Erschwerend wertete sie die Sanader angebotene Geldsumme von 150.000 Euro.
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