Russland hat in der Nacht auf Freitag massive Angriffe mit Drohnen und Raketen auf die Energieversorgung der Ukraine geflogen. Mindestens zwei Menschen wurden getötet, 14 weitere verletzt, teilte das Innenministerium in Kiew mit. Mehr als eine Million Menschen waren ohne Strom.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte auf Telegram: „Der Welt werden die Ziele der russischen Terroristen klar vorgeführt: Kraftwerke und Energieversorgung, ein Staudamm, gewöhnliche Wohngebäude und sogar ein Oberleitungsbus.“
Brand bei Wasserkraftwerk
Die größte Talsperre des Landes beim Wasserkraftwerk Dnipro-HES wurde bei einem Angriff getroffen. Es bestehe jedoch kein Risiko eines Bruchs, teilte der Betreiber des Wasserkraftwerks mit. Es gebe ein Feuer in der Anlage. Mitarbeiter und Notfalldienste seien im Einsatz. Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, sie habe bei den massiven Angriffen in der Nacht 92 von 151 russischen Raketen und Drohnen abgeschossen.
Auch eine Hochspannungsleitung zum Atomkraftwerk Saporischschja wurde gekappt. Die Stromleitung Dniprowskaja sei Freitagfrüh ausgefallen, teilte die Kraftwerksleitung des vom russischen Militär besetzten Kraftwerks im Süden der Ukraine auf Telegram mit. Die Stromversorgung gewährleiste eine Ersatzleitung, Gefahr für die Sicherheit des AKW bestehe nicht, hieß es weiter.
Lage „grundsätzlich unter Kontrolle“
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmychal betonte, dass die Lage im ukrainischen Energiesystem „grundsätzlich unter Kontrolle“ sei. Es gebe keine Notwendigkeit zur Aktivierung von Notfallplänen. An der Behebung der Schäden werde bereits gearbeitet.
In der Großstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine gab es nach Angaben des Bürgermeisters am Freitag in der Früh etwa 15 Explosionen wegen russischer Raketenangriffe. Ihor Terechow zufolge waren die Angriffe darauf angelegt, die Stromversorgung der Stadt zu zerstören. Teilweise sei es zu Stromausfällen in der ganzen Stadt gekommen.
Diese Angriffe sind gefährlich und verantwortungslos. Während Putin seinen Krieg fortsetzt, stehen wir weiterhin zur Ukraine.
Österreichs Außenministerium verurteilt die Angriffe scharf
Luftalarm von West bis Ost
In der Nacht herrschte in weiten Teilen der Ukraine Luftalarm. Nach Angaben der ukrainischen Flugabwehr hatte Russland Marschflugkörper von strategischen Bombern des Typs Tu-95 aus dem Raum rund ums Kaspische Meer abgeschossen. Später wurden auch Angriffe mit Drohnen und ballistischen Raketen, unter anderem vom Typ „Kinschal“ gemeldet. Ins Visier gerieten praktisch alle Landesteile der Ukraine von Lemberg im Westen bis nach Donezk im Osten, von Charkiw und Sumy im Norden bis nach Odessa und Mykolajiw im Süden.
„Großflächiger Stromausfall als Ziel“
Einschläge auf Energieobjekte gab es offiziellen Angaben nach unter anderem in Mykolajiw, Saporischschja, Dnipropetrowsk, Charkiw, Lwiw und Sumy. „Das Ziel besteht nicht nur darin, das Energiesystem des Landes zu beschädigen, sondern wie im letzten Jahr erneut zu versuchen, einen großflächigen Ausfall herbeizuführen“, schrieb der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko auf Facebook. Er räumte mehrere Treffer und Stromausfall in verschiedenen Regionen ein. Auch die Stromversorgung des AKW Saporischschja sei von den Angriffen betroffen, schrieb er zudem.
AKW im Frontgebiet
Das größte Kernkraftwerk Europas wurde im März 2022 kurz nach Kriegsbeginn von russischen Truppen besetzt. Bis heute liegt es im Frontgebiet und ist mehrfach unter Beschuss geraten. Wegen der Sicherheitsbedenken wurden die Reaktoren schließlich heruntergefahren, müssen aber weiter gekühlt werden.
Ukrainische Angriffe auf russische Gebiete
Beim Beschuss der westrussischen Regionen Belgorod und Kursk durch die Ukraine gab es offiziellen Angaben nach mindestens eine Tote und mehrere Verletzte. In Belgorod sei eine Frau beim Ausführen ihrer Hunde durch einen Einschlag ums Leben gekommen, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow am Freitag auf Telegram mit. Zwei weitere Personen seien verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden; eine Frau mit Splitterverletzungen an den Beinen und ein Mann mit einem Schädeltrauma. Zudem seien Wohnhäuser und Autos beschädigt worden, teilte Gladkow weiter mit.
Berichte zu Hubschrauber-Absturz
Auch der Gouverneur der benachbarten Region Kursk, Roman Starowoit, berichtete über nächtlichen Beschuss. In der grenznahen Ortschaft Tjotkina sei dabei eine Person verletzt worden. Auch dort habe es Sachschäden gegeben. Noch nicht bestätigt wurde eine von Medien gemeldete Bruchlandung eines Hubschraubers vom Typ Mi-8 in der Region Belgorod. Der Pilot habe verletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen, berichtete das Internetportal Baza. Belgorod und Kursk dienen der russischen Armee auch als Aufmarschgebiet für die Invasion der Ukraine. Die Regionen sind zuletzt deswegen auch verstärkt unter den Beschuss ukrainischer Kräfte geraten.
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