Es bleibt bei der Mindeststrafe für einen Wiener Polizisten, dem die Staatsanwältin im vergangenen Oktober anlässlich seiner erstinstanzlichen Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs „exzessive Gewalt“ bescheinigt hatte. Dessen ungeachtet kam der Beamte am Landesgericht mit einem Jahr auf Bewährung davon.
Staatsanwältin Hanna Fian ging dagegen mit Strafberufung vor, die das Wiener Oberlandesgericht (OLG) allerdings am Donnerstag verwarf. Damit behält der Polizist vorerst sein Amt.
„Der Berufung der Staatsanwaltschaft wurde keine Folge gegeben“, bestätigte OLG-Sprecher Max Gruber. Zufrieden zeigte sich damit naturgemäß Verteidiger Mirsad Musliu (Kanzlei Rast Musliu): „Wie sich nunmehr erwiesen hat, hat das Erstgericht keine korrekturbedürftige Strafe verhängt.“
Zahlreiche Kniestöße ins Gesicht
Der Beamte hatte am 1. August 2022 im Zug einer Amtshandlung in einem Schnellimbiss-Lokal in der Wiener Innenstadt einen wehrlosen Mann geschlagen und mit zahlreichen Kniestößen ins Gesicht bedacht, nachdem dieser von der Polizei zuvor mehrfach mit Pfefferspray besprüht worden war. Das Vorgehen der Exekutive - an der Amtshandlung waren zwei männliche Beamte und eine Beamtin beteiligt - wurde von einer Überwachungskamera festgehalten, das Bildmaterial wurde dann zentraler Bestandteil des Ermittlungsakts.
Wie sich nunmehr erwiesen hat, hat das Erstgericht keine korrekturbedürftige Strafe verhängt.
Verteidiger Mirsad Musliu
Strafe als angemessen
Ungeachtet der Bilder und der zunächst relativierenden Verantwortung des knie stoßenden Polizisten, der unter anderem seine Ausbildner in den Zeugenstand treten hatte lassen, um sein Agieren zu erklären, erschienen dem Schöffensenat am Landesgericht bei einer Strafdrohung von einem bis zu fünf Jahren und zwölf Monate auf Bewährung tat- und schuldangemessen. Die Milderungsgründe würden die Erschwerungsgründe „eindeutig überwiegen“, wurde später im schriftlichen Urteil betont.
Höhere Strafe gefordert
Damit fiel die Sanktion exakt so aus, dass für den 32-jährigen Beamten mit der Verurteilung nicht automatisch der Verlust der Amtsstellung einherging. Hätte der des Amtsmissbrauchs für schuldig befundene Polizist nur einen Tag mehr an Strafe bekommen, wäre er automatisch seinen Job los gewesen: Wird ein Beamter aufgrund einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die - unabhängig davon, ob sie unbedingt ausgesprochen oder bedingt nachgesehen wird - ein Jahr übersteigt, verliert er nämlich sein Amt.
Die zuständige Staatsanwältin war mit dieser Entscheidung überhaupt nicht einverstanden. Sie verlangte mit Nachdruck eine höhere Strafe, da der Polizist einen „Akt rohester Gewalt“ gesetzt habe, wie sie in der Verhandlung mehrfach betont hatte. Sie blitzte nun jedoch mit ihrem Rechtsmittel beim OLG ab.
Mögliche dienstrechtliche Folgen
Ob und inwieweit der Fall für den 32-jährigen Polizisten dienstrechtliche Folgen hat, muss jetzt geklärt werden. Ein Disziplinarverfahren läuft, mit einer Entscheidung wurde bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens zugewartet.
Video zeigt heftigen Stoß
Wie das Video aus einer Überwachungskamera zeigte, versetzte der 32-jährige Polizist dem Mann zunächst einen heftigen Stoß mit dem Handballen, dem ein Handgemenge folgte, bei dem der Betroffene von der Polizei mit Pfefferspray „eingenebelt“ wurde. Obwohl der Mann mit den Beamten zugewandtem Rücken unter Einwirkung des Pfeffersprays stand und sichtlich keine Gefahr von ihm ausging, wurde er ein zweites Mal eingesprüht und anschließend vom 32-Jährigen am Kopf gepackt und mit wuchtigen Stößen mit dem linken und mit dem rechten Knie ins Gesicht bedacht.
Bedingte Haftstrafen für Kollegen
Die Staatsanwaltschaft hatte auch gegen die Kollegen des 32-Jährigen und den Ex-Kollegen, der mittlerweile den Polizeidienst quittiert hat, Anklage erhoben. Sie hatten sich im Unterschied zum 32-Jährigen von Anfang an zum Amtsmissbrauch schuldig bekannt, sie wurden separat - ebenfalls rechtskräftig - zu bedingten Haftstrafen von fünf bzw. neun Monaten verurteilt. Der 32-Jährige, der die Amtshandlung geleitet hatte, änderte erst nach einem Verteidigerwechsel seine die Vorwürfe bestreitende Verantwortung. „Ich habe gesehen, dass es unterschiedliche Rechtsberatung und unterschiedliche Rechtsansichten gibt“, bemerkte er dazu in seiner Hauptverhandlung.
Keine Suspendierung
Ungeachtet des gut dokumentierten Falls von Polizeigewalt hatte die Landespolizeidirektion den Beamten übrigens nicht vom Dienst suspendiert. Er wurde in den Innendienst versetzt.
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