Der Einsatz nach dem tödlichen Schuss in einer Druckerei in Simmering am 7. Mai 2023 hat nun ein gerichtliches Nachspiel. Und zwar für einen 34-jährigen Polizisten, der einen Unbeteiligten zweimal mit dem Kopf gegen den Asphalt gestoßen haben soll. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm „exzessive, nicht gerechtfertigte Gewalt“ vor - Anklage wegen Amtsmissbrauch.
Die Videos zu dem Vorfall, aufgenommen von einem Fernsehteam und Handykameras, sind verstörend. Der angeklagte Polizist bekannte sich am Montag im Wiener Landesgericht dennoch „nicht schuldig“.
Er berichtete von jenem Sonntag, an dem er als einer der ersten Beamten am Tatort war. Vor der Druckerei traf er auf eine Frau: „Sie war total hysterisch und hat nur auf das Geschäft gezeigt.“ Von der Frau erzählte er mehrfach. „Muss man eine Frau immer als hysterisch bezeichnen?“, unterbrach ihn die Staatsanwältin und bekommt Rückendeckung vom Opfervertreter: „Ich vertrete auch diese Frau. Sie hat gerade erlebt, wie ihr Mann erschossen wurde.“
Mann am Boden fixiert
Der Angeklagte entschuldigte sich und erzählte ausführlich weiter von dem „belastenden Einsatz“ rund um den Mord. Vom Tatort führte dieser zuerst zu einem Kleingarten, dann wieder zurück auf die Simmeringer Hauptstraße. Wo schon Kamerateams vor Ort waren und seine Kollegen gerade einen jungen Mann am Boden fixierten. „Ich hatte keine Ahnung, worum es da geht. Es war eine Auseinandersetzung mit Polizeikollegen an einem Mordtatort. Der Verdächtige hatte eine dicke Daunenjacke an. Ich wusste nicht, ob er ein Messer oder eine Schusswaffe dabei hatte.“
„Aus Versehen zu stark gedrückt“
Er kam seinen Kollegen bei der Amtshandlung zur Hilfe und versuchte, den 19-Jährigen zu fixieren, wobei sich dieser immer wieder aufgebäumt hätte. Daher habe er ihm am Kopf hinuntergedrückt: „Vielleicht habe ich aus Versehen zu stark gedrückt. Aber ich wüsste nicht, was ich hätte sonst tun sollen.“ In dem Video sieht man bis zu sechs Polizisten, die über dem laut schreienden Unbeteiligten knien.
Ich hatte keine Ahnung, worum es da geht. Es war eine Auseinandersetzung mit Polizeikollegen an einem Mordtatort. Der Mann hatte eine dicke Daunenjacke an. Ich wusste nicht, ob er ein Messer oder eine Schusswaffe dabei hatte.
34-jähriger Angeklagter vor Gericht
Kopf zweimal gegen Asphalt gestoßen
Im Anschluss sieht man, wie er den Kopf zweimal gegen den Asphalt schlägt. „Ich hab mich auf seinem Kopf abgestützt“, rechtfertigt der Angeklagte. „Man sieht auf den Videos eine Stoßbewegung von oben nach unten. Sie haben den Kopf auf den Boden geschlagen“, entgegnet die Staatsanwältin.
Opfer erlitt Rissquetschwunde
Das 19-jährige Opfer selbst blutete mittlerweile. Es erlitt eine Rissquetschwunde. In den Videos sind die Schreie des Opfers gut hörbar: „Was soll das werden? Was hab ich dir getan? Was machst du?“
Urteil steht noch aus
Der junge Mann leidet noch immer unter dem Vorfall: „Ich wollte nur zum Bankomat. Da wollten Beamte meinen Ausweis. Ich sagte ‚Nein‘. Deshalb wurde ich zu Boden gebracht“, sagt der junge Mann im Wiener Landesgericht als Zeuge: „Ich habe nur passiven Widerstand geleistet. Mich mit Kraft dagegengestemmt.“ - Tatsächlich wollte der Mann an diesem Tag nur Geld beheben. Für weitere Zeugen wurde der Prozess auf den 21. Februar vertagt.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.