Vor 34 Jahren fiel der Eiserne Vorhang, doch die Tschechen und die Oberösterreicher „fremdeln“ immer noch. Schuld daran sind beide Seiten. Die Sprachen trennen ebenso wie die gemeinsame Vergangenheit, so Vizekanzler a. D. Reinhold Mitterlehner bei einem Gespräch zur Modernisierung der Gedenkstätte in Guglwald.
Vor 34 Jahren war der Zusammenbruch des totalitären Systems in Osteuropa: für das Mühlviertel, direkt am Eisernen Vorhang war dies Sensation und Aufbruch zugleich, erinnert sich Mitterlehner und stellt die Frage: „War das der Beginn einer Normalisierung, der Start für gelebte gute Nachbarschaft?“
Eine immer noch nicht vernarbte Wunde sind auch die Benes-Dekrete:
Viele Vertriebene nutzen die Chance ihre alte, aber zum Großteil zerstörte Heimat wieder zu sehen. Kirchen und Klöster wurden mit österreichischer Unterstützung wieder aufgebaut und renoviert. Weder politisch noch sonst wurde die Vergangenheit richtig aufgearbeitet.
„Ein Grundtrauma mit gegenseitigem Misstrauen ist da und dort immer noch vorhanden. Ich habe es selbst bei Terminen in Tschechien immer wieder erlebt, dass dieses Thema von den Tschechen angesprochen worden ist.“
Vizekanzler a. D. Reinhold Mitterlehner
Und drittens, Temelin.
Für die jüngere Bevölkerung war der Konflikt um das Atomkraftwerk der Grund, dem neuen politischen System im Nachbarland eher reserviert zu begegnen.
Durchwachsene Bilanz
Die Bilanz von Mitterlehner, der selbst nur fünf Kilometer von der Grenze lebt: „Auf der politisch offiziellen Ebene funktionieren die Zusammenarbeit und der Meinungsaustausch gut und strukturiert. Auch institutionell gibt es zwischen vereinen und Organisationen kulturell, sportlich und im Feuerwehrwesen gelebte Kontakte. Was fehlt, ist wirkliche gesellschaftliche Gemeinsamkeit und Austausch.“
Digitale Brücke zur Geschichte
Der Verein DenkStein Eiserner Vorhang, dem auch Mitterlehner angehört, will das ehemalige „Mahnmal Eiserner Vorhang“ in Guglwald (Gemeinde Vorderweißenbach) in Zusammenarbeit mit der Linzer Kunstuni im kommenden Jubiläumsjahr (das Mahnmal wurde 1999 errichtet) nach 25 Jahren anlässlich 35 Jahren Fall des Eisernern Vorhangs zart modernisieren. Die Homepage wurde von der FH Hagenberg bereits aktualisiert: https://eisernervorhang.eu/
Ernüchternde Antwort
Seine Antwort ist präzise, aber auch ernüchternd: Nicht wirklich, denn es gab drei Hauptgründe, warum die Annäherung so stockend verlaufen ist, sagt Mitterlöhner: „Die unterschiedliche Sprache: Während viele Tschechen durchaus Deutsch gelernt haben, ist umgekehrt kaum ein Mühlviertler in der Lage sich auf Tschechisch auszudrücken. Es brauchte rund zehn Jahre, bis man im Skigebiet Hochficht und in diversen lokalen Aufschriften und Speisekarten in Tschechisch anbot.“
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